Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
am 25. Oktober 2000 erlaubte ich mir, Ihnen zur Lektüre zwei meiner Bücher
zuzuschicken: „Deutschland, ein Winter-“ und „Streit der Fakultäten“. Nach
über zweieinhalb Monaten, nämlich unter dem 12. Januar 2001, gab mir in Ihrem
Auftrag Frau Dr. Domansky die Bücher mit dem Bemerken zurück,Sie seien „dem
Lesen sehr verbunden“, könnten aber meine „Werke nicht in spezieller Weise
fördern“. Dies hatte ich nun freilich weder erwartet noch gar erbeten. Ich
hatte aus Gründen, die ich noch erläutern darf, geglaubt, Sie als der
gegenwärtige Bundespräsident könnten an der Sache zumindest eines der beiden
Bücher interessiert sein. Dies galt für Sie ebenso wie für den gegenwärtigen
Bundesinnenminister, der mir in seiner Antwort versprach, beide Bücher zu
lesen,was nicht von ferne in mir den Wunsch weckte, mit dieser Antwort
hausieren zu gehen. Das scheint anders zu sein mit einem journalistischen
Autor, der einen historischen Roman publizierte, und auf dem Prospekt mit
Worten von Ihnen wirbt. *
* In dem Prospekt des Buches von Wulf Mämpel, Lokalchef der Essener
Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, “Im Zeichen des Roten Falken“ steht u.a.
„‘Der Gedanke der Toleranz zwischen den Religionen ist in der Tat ein
Schwerpunkt meiner Amtszeit, sowohl im Inland als auch bei meinen Staatsbesuchen
im Ausland. – Ich bin deshalb neugierig darauf zu erfahren, wie der Verfasser
das Thema in einem historischen Roman anpackt.‘ Bundespräsident Johannes Rau“
. [Diese Anmerkung steht nicht im Brief an den Bundespräsidenten]
Die Gründe für meine Zusendung, von denen ich einige in dem formalen
Anschreiben handschriftlich andeutete, waren mannigfacher Art. Einmal bestand
der Wunsch, meinen Blick auf die deutschen Dinge in 50, vor allem in den
letzten 10 Jahren und angesichts der Jahrhundertwende dem Staatsoberhaupt zur
Prüfung vorzulegen, ein legitimer Wunsch, denke ich. Es gab ferner den Wunsch
eines Siebzigjährigen, einem Siebzigjährigen diese Sicht zu vermitteln. Einem
Siebzigjährigen? Das muß etwas genauer gesagt werden. Es beginnt mit der isoliert
betrachtet noch wenig bedeutsamen großen Nähe unserer Geburtstage. Es ist
aber die Altersnähe zweier Menschen, die unter ähnlichen, jedenfalls
vergleichbaren mentalen und sozialen Bedingungen aufgewachsen sind. Ich meine
damit natürlich nicht nur die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer deutschen
Generation, ich meine damit vor allem, daß Sie wie ich einem u.a.
landschaftlich sehr ähnlichen Umfeld entstammen (ich komme aus dem südlichen
Duisburg), daß unsere Erziehung (auch) pietistisch geprägt war, daß wir die
sog. evangelische Jugendarbeit in Gestalt der Schülerbibelkreise durchlaufen
haben und die „Jungenwacht“ lasen und Texte zu ihr beitrugen. Es schließt
sich an, daß Gustav Heinemann eine politische Leitfigur für mich, für Sie
erst recht wurde, für dessen Notgemeinschaft für den Frieden Europas man
Unterschriften sammelte, und daß es auf diesem Hintergrund zu ganz entfernten
privaten Beziehungen kam. Sie sehen, Herr Bundespräsident, daß die Gründe für
die Zusendung meiner Bücher überhaupt nichts mit den von Ihrer Mitarbeiterin
insiniuerten, wohl aber mit für Sie doch wohl nicht uninteressanten zu tun
hatten.
Aber die genannten allein hätten mich immer noch nicht veranlaßt, Ihnen jene
zuzuschicken. Vielmehr gehört zu dem Entschluß ganz wesentlich, daß ich zwar
als Professor nicht von Ihnen berufen und ernannt wurde, das geschah noch
unter Ihrem Vorgänger Holthoff, daß Sie aber doch zu Anfang der siebziger
Jahre zum Wissenschaftsminister bestellt und damit der Repräsentant meines
Dienstherrn wurden. Ich kann nicht mehr sagen, ob Sie mir als Politiker schon
zur Zeit Ihrer Ernennung bekannt waren, aber Sie müssen es dann sehr bald,
und zwar über die Tatsache Ihrer Ministerschaft hinaus, geworden sein.
Bekannt wurden Sie mir in dem Sinne, daß Sie mir als ein anderer denn Ihre
Politikerkollegen erschienen, als einer, der anders sprach und, wie es
schien, auch anders zu denken vermochte,der, interessant genug, gerade darum
nicht wie ein Politiker gewohnten Zuschnitts wirkte.-
1968 kam ich aus Berlin nach Münster, und alsbald holten mich dort die
Geschehnisse ein, die von den sogenannten Achtundsechzigern ausgingen. Sie
sind gerade in den letzten Monaten wieder einmal in das Bewußtsein der
Öffentlichkeit gerückt worden, Sie selbst haben einige lobende Worte darüber
in einer Rede gesagt. Die meisten Äußerungen in jüngster Zeit waren den
Achtundsechzigern gegenüber wohlwollend bis hin zum Verständnis für die
‘wilden Jahre‘ des jetzigen Außenministers. Sie stammten freilich fast
durchweg von ehemaligen Mitgliedern und Altersgenossen der Studentenbewegung
selbst.
Ich habe Sie als Dozent an der FU Berlin und als Professsor in Münster ganz
anderes erlebt. Nachdem ich im Anfang der sechziger Jahre noch durchaus auf
Seiten der Reformer stand, auch die Tötung Benno Ohnesorgs als eine
schreckliche Verirrung der staatlichen Gewalt betrachtete, an der allerersten
öffentlichen Reaktion darauf im Henry-Ford-Bau beteiligt war und z.B. noch
geraume Zeit später dem Wunsch des damaligen Rechtsanwalts Otto Schily
gefolgt bin, Gutachten zugunsten der Verteidigung in verschiedenen
Rechtssachen, die mit literarischen Texten der Studentenbewegung
zusammenhingen, zu verfassen, wurde mir in zunehmendem Maße klar, daß es sich
bei den von Demokratisierung der Hochschule und der Gesellschaft redenden
Personen zum größten Teil um solche handelte, die einzig auf Erringung von
Machtpositionen mit totalitären und in immer erheblicherem Maße mit
barbarischen Mitteln tendierten. Ich war selbst immer wieder bösartigen
Attacken ausgesetzt, eine ganze Reihe meiner Kollegen war es. Nur jene, die
sich vor klaren Positionen drückten, kamen ungeschoren davon. Unentschieden
und schwach verhielten sich angesichts zahlreicher Rechtsbrüche durchweg die
Hochschulleitungen, aber unentschieden und schwach verhielten sich auch die
staatlichen Stellen, nicht zuletzt Ihr Ministerium. Sie persönlich
antworteten mir zwar auf eine Eingabe einmal, daß sie in den dargestellten
Konflikten hinter mir ständen, aber in Wahrheit blieben wir in der
Auseinandersetzung mit den neuen Totalitären allein, und wir hatten den
Eindruck, daß das dem Staat auch ganz recht war, konnte er sich so doch von
der unliebsamen Problematik fernhalten. Ich mußte also (mit vielen anderen),
und zwar schon gleich zu Anfang meines Ordinariates, einen großen Teil meiner
Kräfte und Energien auf die Abwehr von Aggressionen verwenden, für die ich ja
eigentlich den Beruf eines Professors nicht ergriffen hatte. Es ist klar, daß
über viele Jahre hin, nämlich fast das ganze Jahrzehnt zwischen 1968 und 1978
hindurch, Lehre und Forschung unter erheblicher Erschwerung vonstatten
gingen, daß es für mich angesichts der Lage an anderen Universitäten so gut
wie unmöglich war, einen Lehrstuhl an einem anderen Ort anzustreben, meine
wissenschaftliche Karriere also in starkem Maße von der gekennzeichneten
Situation beeinträchtigt wurde, daß das Land Nordrhein-Westfalen wie etliche
andere Bundesländer nicht in der Lage war oder sich nicht in die Lage
versetzte, eine rechtlich zulängliche Situation an seinen Landesuniversitäten
herzustellen, worunter das wissenschaftliche Niveau in beträchtlichem Maße
gelitten hat und bis heute leidet.
Zu eben dieser Zeit gründete das Land aber eine Vielzahl neuer Universitäten,
die für die alten sehr rasch rigide Kürzungen mit sich brachten und die zu
dem Elend hinzukamen, das die Studentenbewegung unter wohlwollender Duldung
der Politik über die Universitäten gebracht hatte. Schließlich stellte sich
heraus, daß die zahlreichen Neugründungen nur dazu führten, daß keine der
Hochschulen des Landes mehr auch nur einigermaßen zureichend ausgestattet
wurde,so daß z.B. der Baubestand zu einem erheblichen Teil (ich denke auch an
mein Institut) inzwischen in einem erbärmlichen Zustand ist. Mir ist in
diesen Jahren, wie ich gern einräume, einmal von Ihnen geholfen worden,
allerdings auf einer fast privaten Ebene. Aber der Politiker Rau nahm doch in
meinen Augen mehr und mehr die Züge derer an, von denen er sich als ‚Schüler‘
Heinemanns und aus eigener Einsicht unterschieden hatte und doch wohl auch unterscheiden
wollte. Sie wurden nun in den Umfragen einer der beliebtesten Politiker der
ganzen Republik, eine Verführung besonderer Art, die andererseits weder im
Fall der Bundeskanzler- noch der ersten Bundespräsidentenkandidatur honoriert
wurde, und Sie reagierten darauf gewissermaßen mit Ihrem Postulat zu
versöhnen und nicht zu spalten, einem eher idealistischen als von Einsicht in
die deutschen Dinge zeugenden.
Ihre zweite Bewerbung wurde dann allerdings von einem sehr verbreiteten
öffentlichen Unverständnis begleitet, ich persönlich hatte dabei einen
eigentümlichen Eindruck. Als mit Ihnen Gleichaltriger konstatierte ich
zunächst, daß das von Ihnen so lange regierte Land es ablehnte, dem alten
Usus zu folgen, die (früheren) Ordinarien bis zum 68.Lebensjahr im aktiven
Dienst zu behalten, Sie aber kein Problem darin sahen, noch Jahre nach dem
Pensionierungs- und Emeritierungsalter von 65 eine fünfjährige Amtsperiode
anzustreben. Hinzu kam die Frage, die sich aus der eigenen Erfahrung ergab,
dank der Politik nicht mehr genug Kraft zu besitzen, bis zum 68. Lebensjahr
weiterzumachen, wie es nämlich möglich sei, daß der Ministerpräsident des
bevölkerungsstärksten Bundeslandes es leisten könne, nach langen Dienstjahren
diese anspruchsvolle Tätigkeit zu übernehmen, ja sich um sie dringlich zu
bewerben.
Das erschien ja nur gerechtfertigt, wenn Sie sich in besonderer Weise begabt
sahen, das neue Amt so auszufüllen, wie es ein anderer nicht gekonnt hätte.
So haben Sie vor kurzem in Ihrer zweiten Berliner Rede zur Genforschung als
Beispiel für die Herausforderungen durch wissenschaftliche Forschung
überhaupt Stellung genommen. Das war eine durchaus mutige Rede, die Ihren
persönlichen Stil wieder erkennbar machte und die auch, zumindest vorsichtig,
gegen durchaus ‘regierende‘ Ansichten sich wendet. Aber Ihre Vorsicht schlägt
dann eben doch in Unentschiedenheit um, wenn Sie glauben, das Dilemma ‘keinen
Zugriff auf Embryonen, aber Straffreiheit für Fruchtabtreibung (die längst
natürlich als deren Legitimation gilt)‘ dadurch überwinden oder doch umgehen
zu können, daß Sie beim Schangerschaftsabbruch von „einem ganz anderen
Sachverhalt“ als bei der Forschung an Embryonen sprechen. Abgesehen davon,
daß er dies nicht ist, denn dem Konflikt während der Schwangerschaft ist doch
der Konflikt zwischen heilen wollen und nicht heilen dürfen zu vergleichen,
müßte auch hier Ihr eindeutiges Postulat gelten, es dürfe, da es um die
Menschenwürde gehe, keine Abweichungen von einer grundlegenden ethischen Norm
geben. (Im übrigen wissen Sie doch sicher, weiteres Dilemma, daß z.B. die
Massenmedien, vor allem das Fernsehen, die Menschenwürde täglich, ja
stündlich verletzen.) Eine ähnliche Unentschiedenheit finde ich in der
zunächst mutigen kritischen Apostrophierung der neuen niederländischen Euthanasie-Gesetzgebung,
von deren möglichen und schon tatsächlichen Konsequenzen Sie sprechen, um
dann aber etliche Zeilen später die offenkundige Problematik unter das
harmonisierende Dictum von der Diskussion (in den Niederlanden und
Großbritannien) zu stellen. Wie ernst Repräsentanten des Staates übrigens
Ihre und andere kritische Bemerkungen zur Genforschung nehmen, machte vor
kurzem Ihr Amtsnachfolger in NRW deutlich, als er alle Einwände vom Tisch
wischte und dies mit der schrecklich deplacierten Bemerkung tat, daß „der
Spaß“ nun aufzuhören habe.
Neben diesen Fragen bleiben sehr viele, die das Staatsoberhaupt nicht nur
beschäftigen sollten, was sicher der Fall ist, sondern auch dessen
Stellungnahme forderten. Ich habe in den mir gesetzten Grenzen versucht, zu
solchen Fragen mich in meinem Deutschland-Buch zu äußern,muß aber die
Erfahrung machen, daß Sie derartiges nicht einmal zur Kenntnis nehmen wollen.
Wie erfreut wäre ich, wenn Sie selbst sich dazu vernehmen ließen. Denn es ist
ja eine Überfülle und ein Übermaß von Fragen, die diese Republik beschäftigen
müßten, von denen aber dank der Funktionäre der Spaßgesellschaft ständig
abgelenkt wird, so daß offenbar der vage Gesamteindruck besteht, täglich
werde zwar irgendetwas Beunruhigendes gemeldet, aber im Grunde gehe alles
weiter seinen im ganzen richtigen Gang.
In Wahrheit tut es das doch längst nicht mehr, und jedem Aufmerksamen teilt
sich immer aufs neue der Eindruck mit, daß die Verantwortlichen nicht mehr
fähig sind, diesen richtigen Gang auch nur einigermaßen zu garantieren, sie
sich vielmehr ständig mit Korrekturen beschäftigen, die freilich zumeist auch
nicht gelingen wollen. In Ihrer unmittelbaren Nähe, Herr Bundespräsident,
amtieren ein Parlament und eine Regierung, die sich in der Mehrheit berühmen,
eine Steuerreform und eine Rentenreform zustande gebracht zu haben, von der
die meisten Sachverständigen sagen, sie seien eben nicht gelungen. Eine
durchgreifende Gesundheitsreform ist ihnen bis heute nicht geglückt. In die
BSE-und MKS-Krise sind sie hilflos hineingestolpert. Die Dienstrechtsreform
für die Hochschulen ist ganz und gar umstritten. Den Euro haben die
Verantwortlichen den Bürgern (sie sagen übrigens immer „den Menschen“) bis
zur Stunde nicht vermitteln können. Die Arbeitslosigkeit ist nicht
nennenswert vermindert worden, und es ist nicht einmal klar, wie die von ihr
Betroffenen sich strukturieren. Die Bundeswehr gilt als völlig unzulänglich
ausgestattet. Die Regierung macht immer neue gravierende Fehler in der
Innen-und Außenpolitik: eben noch verschwanden vertrauliche Protokolle, die
unsere internationale Glaubwürdigkeit betreffen; eben noch wiederholte der
Bundeskanzler Fehler gegenüber einem kleinen Nachbarland, fand aber
unbeträchtlich, daß der Regierungschef eines großen Nachbarlandes nicht nur
über größte Teile der Medien seines Landes verfügt und ein Krimineller wie
ein früherer sozialistischer Ministerpräsident des Landes nur darum nicht
ist, weil er in den Genuß von Gnadenerlassen kam und weitere Strafen bisher
nicht rechtskräftig sind, und daß er sich auch in seiner eigenen Programmatik
und der seiner Koalitionspartner als extrem rechts erweist. Auch sagt
ebendieser Bundeskanzler über die frühere linksextreme Tätigkeit seines
Außenministers nur, daß sie keine Rolle mehr spiele, und darüber, daß dieser
Außenminister seiner Herkunft nach ein Berufsloser ohne jede Ausbildung außer
der Diplomierung mit einem Taxischein ist, sagt er gar nichts, ein Umstand
immerhin, der in der älteren Hitler-Literatur häufig als qualifizierend
hervorgehoben wurde.
Die größte Oppositionspartei wird immer aufs neue als in ältere und frische
Skandale verwickelt dargestellt und führt sich im Augenblick in der
Hauptstadt, in der Sie residieren, gemeinsam mit der SPD als gänzlich unfähig
vor, die Mißwirtschaft einer großen Bank im Mehrheitsbesitz des Landes
frühzeitig durchschaut und abgestellt zu haben. Sie verurteilt Sie und Ihre
Mitbürger dazu, für die ‘Leistungen‘ von dummen Kerlen aufkommen zu müssen.
Und wieviele Bundesländer gibt es, in denen nicht mindestens ein größerer
Skandal, den die Regierenden zu verantworten haben, anhängig ist?
Aber ist es in fast allen Bereichen der Gesellschaft anders als in der
Politik? Kann man sich des Eindrucks einer schleichenden, aber nachhaltigen
Erosion dieser Gesellschaft erwehren, die keine Verbindlichkeiten mehr kennt
außer den finanziellen, die sich für nichts mehr interessiert als für Lohn
und Erträge und die damit erreichbaren Konsumgüter? Die finanziellen Werte
als die einzigen werden dieses Volk noch so lange zusammenhalten, als der
private Wohlstand gesichert ist. Denn nicht einmal die Sprache ist für die
Deutschen ein konstitutiver Wert, die doch eben dies so lange vermöge des
Mangels an politischer Übereinstimmung war. Versöhnen statt spalten? Die
Deutschen könnten nicht einmal mehr die Worte dafür finden.
Und längst ist die Erosion in den Alltäglichkeiten bemerkbar. Funktioniert
noch etwas in diesem angeblich so perfekten Lande? Die Geräte nicht und der
Service nicht, nicht der Auto-, nicht der Bahn-, nicht der Flugverkehr. Sind
die Manager der Wirtschaft noch ihren Aufgaben gewachsen, die Gewerkschafts-,
die Kirchenfunktionäre, die sogenannten Künstler, die Sportler und ihre
Repräsentanten?
Wie steht es mit der Justiz, den Schulen, den Universitäten, den Theatern,
vor allem mit den Massenmedien?
Wie steht es mit den Städten, die im Osten immer noch den Verfall aus 40
Jahren vorzeigen (trotz erheblicher Bemühungen), während die des Westens
durch eine auch schon seit Jahrzehnten fortschreitende Verschlampung von den
Schmierereien, die z.B. in Berlin die ganze Stadt erfaßt haben, bis zur
Verschmutzung gekennzeichnet sind,für die deren Bürger sich nicht einen Deut
mehr interessieren.
Wie steht es mit der ständigen Verschwendung öffentlicher Gelder, der zunehmenden
Korruption in der öffentlichen Verwaltung, dem politischen Filz, dem
Börsenbetrug, der massiven Zunahme der Jugendkriminalität, der
Erziehungsunfähigkeit eines großen Teils der Eltern, der
zivilistionszerstörenden Sexualisierung des Lebens, der ständigen
Beschwindlung durch Fernsehen und Zeitungen?
Wie steht es mit der Barbarisierung des täglichen Umgangs in Worten und
Verhaltensweisen?
Um der political correctness willen wird zwar auf die bösen Übergriffe auf
erkennbare Ausländer öffentlich heftig reagiert, aber da man sich nicht klar
machen will, daß dies eben kein isoliertes Phänomen ist, bleibt die Reaktion
nur ein Korrektheitsritual.
Daß eine ganze Volkswirtschaft nicht einmal merkt, wie sehr sie sich jenseits
ihrer notwendigen Pflichten durch ihren Stumpfsinn gegenüber den früheren
Fremdarbeitern schadet, bezeugt den Bewußtseinsmangel ganzer Schichten der
Gesellschaft.
Sagen Sie zu dem Zustand dieses Landes und dieser Gesellschaft etwas
Grundsätzliches, das bspw. über die Mahnung zum „Ruck“ Ihres Vorgängers
hinausreichte? Fragen Sie bspw. einmal öffentlich , wie ich es in meinem Buch
getan habe, ob die Deutschen sich wirklich mit der Zeit vor 1945
auseinandergesetzt haben, oder ob es ihnen nicht immer nur um Verdrängung
mittels wirtschaftlicher Leistung gegangen ist und ob diese Verdrängung nun
an ihr Ende kommt?
Sie besuchen andere Länder, zuletzt, meine ich, Australien und Neuseeland,
und sprechen davon, so hörte ich, daß es sich dabei wegen der Globalisierung
um eine Art von Nachbarbesuch handle. In Wahrheit sind es doch lediglich
protokollgerechte offizielle Besuche, wie es die von Staatsoberhäuptern immer
waren. Aber nun gibt es bei nahen Nachbarn wirklich entsetzliche Probleme:
etwa in Israel und Palästina, etwa in Algerien, und bei einem ganz nahen
Nachbarn, nämlich Belgien, das sich eben noch stark machte, Österreich mores
zu lehren, wird man nicht fertig mit dem schändlichen Verbrechen an Kindern,
so daß der Eindruck entstehen muß, große Teile der Eliten seien hier
involviert.
Auch dazu hört man vom Bundespräsidenten nichts, der sich wahrscheinlich auf
die Notwendigkeiten diplomatischen Verhaltens berufen wird.
Diese Notwendigkeiten sind natürlich in Wahrheit nur noch Floskeln des
19.Jahrhunderts.
Doch selbst wenn sie mehr wären, sie bestünden für die deutschen Dinge
natürlich nicht. Aber auch für die gibt es aus dem Schloß Bellevue weitgehend
nur Schweigen. Ich weiß, da meldet sich der Hinweis auf vertrauliche
Gespräche, die nicht an die Öffentlichkeit kommen sollen. Aber sie haben natürlich
nur Sinn, wenn sie eine Wirkung in der Öffentlichkeit hätten. Doch die äußert
per Umfrage, daß 77 % der Befragten nichts mit Johannes Rau, dem beliebtesten
Politiker Deutschlands über viele Jahre, verbänden. Wenn Umfragen überhaupt
etwas bedeuten, dann ist dies ein erstaunliches Ergebnis.
Herr Bundespräsident, bitte betrachten Sie diesen langen Brief, der dennoch
ein ganzes Buch nicht ersetzen kann, als besorgte Anfrage an den
Repräsentanten Deutschlands, wie er sich zu den deutschen Dingen stelle.
Vielleicht hat ihn mit 70 Jahren Resignation erfaßt, was ich sehr gut
nachempfinden könnte. Aber ist es dann sinnvoll, auch dieses Amt noch
ausfüllen zu wollen, das doch einzig davon lebt, daß eine deutliche Stimme
das Notwendige sagt?
Mit freundlichen Empfehlungen,
(Helmut Arntzen)
|
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
mit Erstaunen nehme ich zur Kenntnis, daß mein an Sie persönlich gerichteter
Brief vom 27. Juli 2001, dem als ein umfangreicher und doch wohl auch
ernsthafter der Respekt nicht versagt werden sollte, Sie lediglich zu der
achselzuckenden Bemerkung veranlaßt, die Sie auch noch ‘durch die Adjutantur‘
formulieren lassen, Sie teilten meine Einschätzung Ihrer Amtsführung nicht.
Also auch nicht die sehr freundlichen Einschätzungen meines Briefes.
Was soll angesichts solcher Dialogverweigerung die Rede von dem auf den
Bürger zugehenden Politiker? Kann sie anderes bedeuten, denn daß als
Paradigma dieses Zugehens jenes unsägliche Händeschütteln von dem Schüttler
unbekannten Menschen verstanden wird? Wie soll man begreifen, daß Sie
undementiert lassen, Sie schrieben gelegentlich an Pferde, aber daß Sie über
kritische menschliche Rede hinweggehen, es sei denn, sie sei gleichzeitig
journalistische?
Wenn vor kurzem von der krassen Lüge eines ehemaligen Landesfinanzministers
berichtet wurde und gleich darauf ein amtierendes Mitglied der
Bundesregierung sich vollkommen lächerlich machte, ja mehr, wenn gesagt
wurde, daß er in der Bundeswehr verachtet werde, und wenn Ihr Amtsnachfolger
in Nordrhein-Westfalen erklärt, jener Bundesminister habe gegenwärtig „eine
Macke“, sei also nicht voll zurechnungsfähig, und wenn derlei nicht
Einzelfälle, sondern Beispiele sind, dann ist es unbegreiflich, daß
derjenige, der doch einzustehen hätte für die relative Integrität derer, die
für die Republik handeln, auf eine kritische Einzelstimme so antwortet, wie
es hier geschehen ist, nämlich gar nicht.
Oder ist es gar nicht unbegreiflich, sondern ein kleines Signal für den
Zustand des Ganzen, den Politiker freilich nicht mehr zu verstehen oder gar
mit Kompetenz zu ändern fähig sind, aber der sie natürlich auf drastische Art
zuerst erreichen wird?
Dieser Satz war gerade geschrieben, als er auf die schrecklichste Art
bestätigt wurde. Was taten Politiker? Sie beriefen Kundgebungen ein, auf
denen 200 000 Verängstigte kalmiert werden, damit sie morgen wieder tüchtige
Mitglieder der Spaßgesellschaft sind. Kein Wort über die Ursachen der
Katastrophe. Kein Wort darüber, wie weit der Zustand unserer Gesellschaft die
Katastrophe ‘anlockt‘. Kein Wort über die Beziehung zwischen Fanatismus und
Schlamperei von Sicherheitsbehörden, aber auch keines über die Beziehung von
Fanatismus und glühweintrinkenden Weißfahnenschwenkern. „Kein Wort, das
traf.“
Ich darf um Nachsicht dafür bitten, daß ich – auch in der Erinnerung an
Gustav Heinemann – von Ihnen noch ein bißchen erwartet hatte.-
Frau Dr. Domansky, die Sie mit der Beantwortung eines an Sie persönlich
gerichteten Briefes beauftragt haben, sieht die Anheimstellung eines
Unkostenbeitrags von 30,- DM für zwei Bücher als „Förderung“ an. Das ist ein
bißchen ridicule. Förderung wäre z.B. eine den Autor lobende Äußerung, wie
Sie sie anscheinend für den journalistischen Verfasser eines historischen
Romans abgegeben haben, der damit hausieren geht.
Frau Dr. Domansky entschuldigt sich dafür, daß sie einen Sachverhalt seinerzeit
nicht erwähnt habe. Das ist löblich. Schlimm aber ist und ein Skandal, daß
Frau Dr. Domansky sich bis heute nicht für die Fälschung eines Zitats aus
meinem Brief an Sie vom 27.7. entschuldigt hat, obwohl ich sie auf diese
Fälschung bereits am 16.8. in einem Fax angesprochen habe. Ganz gleichgültig,
ob diese Fälschung bewußt oder fahrlässig zustande kam, es ist unerträglich,
daß Frau Dr. Domansky bis heute nicht reagiert hat, so daß die Vermutung
aufkommen muß, eine Arbeitsweise wie diese sei im Bundespräsidialamt üblich.
Ich muß darauf bestehen, daß Frau Dr. Domansky sich unverzüglich bei mir
entschuldigt.-
Sie werden verstehen, daß ich angesichts des Verlaufs dieser Korrespondenz
mir vorbehalte, sie ausgewählten Personen in Abschrift zur Verfügung zu
stellen.
Mit freundlichen Grüßen,
(Prof. Dr. Helmut Arntzen)
|
Ihr Brief vom 15.10.2001
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
leider bin ich mit meinen persönlichen Briefen, wie das so „hin und wieder“
zu gehen pflegt, einer Mitarbeiterin anheimgefallen, die Sie gebeten haben
„zu schreiben“, und zwar, im Gegensatz zu Ihrer früheren Gewohnheit, immer.
Was Ihre Mitarbeiterin Frau Dr. Domansky dann jeweils schreibt, hat mit der
Sache so gut wie nichts, mit ihr selbst alles zu tun.
„Mit der Sache“: Sie, Herr Bundespräsident, verweigern den Dialog, den Sie
(und Ihre Politikerkollegen) immer fordern, und das in meinem Fall seit der
Übersendung meiner Bücher, die nicht nach Förderung durch Sie, sondern
allenfalls nach Lektüre verlangten.
„Mit ihr“: Frau Dr. Domansky brauchte zwei Monate dazu, um sich zu einer
‚Fehlinterpretation‘ zu bekennen.
Sie ist erstaunt darüber, daß ich eine Fälschung eine Fälschung nenne. Nun,
sie interpretiert nicht, auch nicht „fehl“, sondern sie ändert willkürlich
meinen Text, also fälscht sie ihn.
Sie will mittels ihrer behaupteten Unkenntnis der deutschen Sprache glauben
machen, man könne „nicht von ferne“ mit „naheliegend“ übersetzen, also der
Teilsatz „...was nicht von ferne in mir den Wunsch weckte, mit dieser Antwort
hausieren zu gehen“ sei interpretierbar als ‘was in mir den naheliegenden
Wunsch weckte, mit dieser Antwort hausieren zu gehen‘.
Sie ist also entweder nicht von ferne fähig, sich in der deutschen Sprache zu
bewegen, oder sie unternimmt den ihr naheliegenden, aber untauglichen
Versuch, mir zuzumuten, Aberwitziges zu akzeptieren.
Beides sind natürlich hervorragende Vorausetzungen, um im Bundespräsidialamt
zu arbeiten.
Schließlich ist sie offenbar nicht fähig, die pejorative Konnotation von
„hausieren gehen“ zu erkennen, so daß sie anscheinend vermutet, ich brüstete
mich auch noch, mit einer Anerkennung „hausieren zu gehen“, da doch diese
Formulierung allein genügen müßte, die Absurdität einer solchen Vorstellung,
wie sie die Rücksendung meiner Bücher ja implizit unterstellte, zu
offenbaren.
Bei so beschaffenen Umständen ist es natürlich völlig ungesichert, daß Sie,
Herr Bundespräsident, überhaupt von dem Vorgang Kenntnis bekommen haben.
Hätten Sie die, wäre es doch wohl ganz undenkbar, daß Sie sich mit dessen
‚Erledigung‘ in der vorliegenden Form begnügen. Denn es ist die ‚Erledigung‘
einer Ertappten (gen. obiect. und gen.subiect.!), die durch Chuzpe glimpflich
davonzukommen sucht und darum alles nur immer schlimmer macht.
Mit freundlichen Grüßen,
(Prof. Dr. Helmut Arntzen)
Am 20.
Dezember 2001 zu spätnachmittäglicher Stunde rief mich ein Herr vom
Bundespräsidialamt an, der sich als Leiter der Abteilung für Inneres und
andere Ressorts vorstellte („wir sind ein kleines Amt“). Er habe sich die
Angelegenheit zwischen Frau Dr. D. und mir noch einmal angesehen. Er kommt
zurück auf die Zusendung der Bücher, unterstellt, ich habe sie dem
Bundespräsidenten verkaufen und mit der Abnahme durch ihn Werbung betreiben
wollen. Ich weise das unter Hinweis auf das in meinem ersten Brief
Mitgeteilte entschieden zurück und stelle auf den Kern der Sache ab, insofern
sie Frau Dr. D. betrifft: nämlich auf die Verkehrung des Sinns von „nicht von
ferne“. Das sei, wiederholt er die Meinung von Frau D., eine
Fehlinterpretation. Es bleibe eine Fälschung, sage ich und beende das
Gespräch.
So verlief, so endete ein Dialog mit einem beliebten Politiker.
(nach oben)
|
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
in meinem FAX vom 13.12.99, auf das Sie am 11.1.2000 geantwortet haben,
stellte ich den Verlauf eines Talkrunden-Gesprächs dar, an dem Sie im
Fernsehen teilgenommen haben.
Sie gehen freilich auf Ihre bemerkenswerten, von mir benannten Monita in
diesem Gespräch gar nicht, sondern zunächst auf den „gelegentlich
herablassenden Ton“ ein, den mein Brief enthalte und den Sie „für höchst
unangebracht halten“. Dabei fällt neuerlich die Ihnen wohl eigene
oberlehrerinnenhafte Allure auf, mit der Sie gerne bei Ihren öffentlichen
Auftritten über Sachfragen hinweggehen. Genau um jene ging es ja auch an dem
genannten Abend.
Das einzige, was Sie zur Sache ausführen, ist die Wiederholung eines
Arguments, dessen Berechtigung ich bezweifelt habe: nämlich, daß ein Festakt
aus Anlaß eines Geburtstages eines politischen Funktionärs von Banken dotiert
werden dürfe, weil er „höchst offiziell und ausschließlich öffentlich“ sei.
Er bleibt dessen ungeachtet natürlich ein privater Vorgang wie der Taufakt
eines Politikerzöglings oder die silberne Hochzeit in einer Politikerehe,
denn sonst hätte man ja Herrn Glogowskis Hochzeitsfeier nur „höchst
offiziell“ nennen müssen und ihn so vor dem Rücktritt bewahren können. Sie
insinuieren aber mit hoheitlicher Attitude und mittels einiger Vokabeln, die
Deklarierung ändere etwas an der Sache. Sie scheinen den Ministerpräsidenten
eines Bundeslandes als eine Art Souverän anzusehen, dem Huldigendes zustehe.
In der Republik kann es allenfalls bei öffentlichen Anlässen einen zulässigen
und gar kostenträchtigen Festakt geben. So war nicht mein Geburtstag, wohl
aber meine Emeritierung z.B. ein ‘öffentlicherer’ Akt als jener dotierte
Geburtstag; er wurde aber dennoch von keiner Institution nennenswert
gefördert, was meine völlige Zustimmung findet.
Ihr Argument zugunsten des Rauschen Geburtstages bleibt peinlich schwach,
weil Sie versuchen, das private Ereignis und den öffentlichen Festakt in eine
legitime Verbindung zu bringen und mit dieser mißlingenden Verbindung
überdies noch die Dotation einer Bank, die durch die Regierung kontrolliert
werden soll, zu rechtfertigen. Daß Sie die Schwäche Ihres Arguments nicht
bemerken und sich mit Allure und Attitude begnügen, ist wohl doch mehr das
Problem einer politischen Funktionärin. Was zur Kenntnis zu nehmen wäre.
Im übrigen bin ich der Auffassung, daß diese Tage für politische Funktionäre
zu ernst sind, als daß sie Zeit mit der Benotung von Stilistica vertrödeln
könnten, jenseits der Frage nach der Berechtigung solcher Versuche im
konkreten Fall. Vielmehr läge es ihnen ob, mit aller Konzentration und allem
Fleiß sich den mores in politicis zu widmen, und zwar, damit nicht
fortwährend der Eindruck platter Hypokrisie entsteht, insbesondere vor der
eigenen Tür. Denn so sehr die CDU-Affären zum Fatalsten gehören, was diese
Republik bisher auszuhalten hatte, fatal wirkt auch eine
Bundesjustizministerin, die vor der Diskussion über den Filz im eigenen Laden
warnend und Benotungen austeilend von Talkrunde zu Talkrunde eilt, um einzig
den politischen Gegner mores zu lehren.
Mit freundlichem Grüßen,
(Helmut Arntzen)
Man sieht,
daß die deutsche Demokratie – die beste, die wir je hatten – vorzüglich
funktioniert.
Der Bundespräsident läßt auf einen siebenseitigen Brief immerhin mehrere
Zeilen antworten, wenn es freilich auch dann mehr um Unterstellungen durch
eine Dame denn um die Sache geht.
Der Fraktionsvorsitzende läßt sagen, daß er überall Kollegen hat und daß man
zu Kollegen natürlich „Hä, Kollege“ sagt. Denn so ist das in der Demokratie.
Und die Ministerin, die nun, wie es heißt, Bundespräsidentin werden will,
klärt als demokratische Justizministerin zunächst einmal, was Bürger,
insbesondere aber Professoren dürfen und was nicht, dann sagt sie, daß
Ministerpräsidenten natürlich auf Kosten der Bürger Geburtstag feiern können,
weil ein demokratischer Ministerpräsident niemals privat feiert, wenn er
feiert.
Demokratie ist also: schön Geburtstag feiern, „Hä Kollege“ sagen und sich
Nicht-Kollegen von Leuten, die wir dafür bezahlen, vom Halse halten.
Was aber ist Dialog in der Demokratie? Dialog in der Demokratie ist der
Austausch von Gedanken. Der Austausch von Gedanken setzt Denkende voraus.
Offenbar werden aber Denkende gern durch Referenten, Gedanken durch
ablenkende Fälschungen und der Dialog durch Strafrede ersetzt. Das geschieht
immer dann, wenn einer der Dialogpartner meint, daß der beste Dialog sein
Monolog sei, dessen Störung verhindert werden müsse, da ja sonst jeder kommen
könne, obwohl doch Präsidenten, Vorsitzende und Minister als solche schon
Allegorien des demokratischen Dialogs seien.
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