Zur Lage der Nation

Bemerkungen zur Sprache, Literatur, Kultur, Politik und

zu den Medien in Deutschland

Herausgegeben von Helmut Arntzen

 

Nummer 10 ( März/ April 2005)

  

  

  

INHALT: VON DEUTSCHLAND: Schiller über sein Zeitalter – Die Lösung – Zwischen 1968 und 2005. VON DEN MEDIEN: Dr.h.c. Enderlein und sein Hörfunkrat oder Wie ein Kontrollanhängsel des öffentlich-rechtlichen Apparats funktioniert oder Wie sich eine Mücke als Elefant erweist -  Fernsehinformation – Fernsehkommentare – Fernsehdiskussion über die Fußballweltmeisterschaften in Deutschland 2006 – Fernsehpolitiker. VON DER SPRACHE: Sprache und Mediensprache I - Reichtum der Jugendsprache oder Universallexikon ihrer wichtigsten Lexeme und Redewendungen. VON DEN KIRCHEN: Dialog mit einem Kardinal. VOM THEATER: Theater in Wien. VON DER GESCHICHTE: Frédéric. Johannes Kunisch, Friedrich der Große und seine Zeit. VOM (EINSTIGEN) LEBEN: 1951 

  

  

VON DEUTSCHLAND

  

Schiller über sein Zeitalter

  

„Jetzt ...herrscht das Bedürfnis, und beugt die gesunkene Menschheit unter sein tyrannisches Joch. Der  N u t z e n  ist das große Idol der Zeit, dem alle Kräfte fronen und alle Talente huldigen sollen.. Auf dieser groben Waage hat das geistige Verdienst der Kunst kein Gewicht, und, aller Aufmunterung beraubt, verschwindet sie von dem lärmenden Markt des Jahrhunderts.Selbst der philosophische Untersuchungsgeist entreißt der Einbildungskraft eine Provinz nach der andern, und die Grenzen der Kunst verengen sich, je mehr die Wissenschaft ihre Schranken erweitert.

  

  

In seinen Taten malt sich der Mensch, und welche Gestalt ist es, die sich in dem Drama der jetzigen Zeit abbildet ! Hier Verwilderung, dort Erschlaffung: die zwei Äußersten des menschlichen Verfalls, und beide in e i n e m Zeitraum vereinigt.

In den niedern und zahlreichern Klassen stellen sich uns rohe gesetzlose Triebe dar, die sich nach aufgelöstem Band der bürgerlichen Ordnung entfesseln, und mit unlenksamer Wut zu ihrer tierischen Befriedigung eilen.. Es mag also sein, daß die objektive Menschheit  Ursache gehabt hätte, sich über den Staat zu beklagen; die subjektive muß seine Anstalten ehren. ... Die losgebundene Gesellschaft, anstatt aufwärts in das organische Leben zu eilen, fällt in das Elementarreich zurück.

Auf der andern Seite geben uns die zivilisierten Klassen den noch widrigern Anbick der Schlaffheit und einer Depravation des Charakters, die desto mehr empört, weil die Kultur selbst ihre Quelle ist. Ich erinnere mich nicht mehr, welcher alte oder neue  Philosoph[vielleicht ist Plato im „Staat“gemeint] die Bemerkung machte, daß das Edlere in seiner Zerstörung das Abscheulichere sei, aber man wird sie auch im Moralischen wahr finden. Aus dem Natursohne wird, wenn er ausschweift, ein Rasender; aus dem Zögling der Kunst ein Nichtswürdiger. Die Aufklärung  des Verstandes, deren sich die verfeinerten Stände nicht ganz mit Unrecht rühmen, zeigt im ganzen so wenig einen veredelnden Einfluß auf die Gesinnungen, daß sie vielmehr die Verderbnis durch Maximen befestigt. Wir verleugnen die Natur auf ihrem rechtmäßigen Felde, um auf dem moralischen ihre Tyrannei zu erfahren, und indem wir ihren Eindrücken widerstreben, nehmen wir unsre Grundsätze von ihr an...Mitten im Schoße der raffiniertesten Geselligkeit hat der Egoism sein System gegründet, und ohne ein geselliges Herz mit herauszubringen, erfahren wir alle Ansteckungen und alle Drangsale der Gesellschaft. Unser freies Urteil unterwerfen wir ihrer despotischen Meinung, unser Gefühl ihren bizarren  Gebräuchen, unsern Willen ihren Verführungen, nur unsre Willkür behaupten wir gegen ihre heiligen Rechte. ...wie aus einer brennenden Stadt sucht jeder nur sein elendes Eigentum aus der Verwüstung zu flüchten. Nur in einer völligen Abschwörung der Empfindsamkeit glaubt man gegen ihre Verirrungen Schutz zu finden, und der Spott, der den Schwärmer oft heilsam züchtigt, lästert mit gleich wenig Schonung das edelste Gefühl... So sieht man den Geist der Zeit zwischen Verkehrtheit und Rohigkeit, zwischen Unnatur und bloßer Natur, zwischen Superstition und moralischem Unglauben schwanken, und es ist bloß das Gleichgewicht des Schlimmen, was ihm zuweilen noch Grenzen setzt. 

  

Der Charakter der Zeit muß sich ... von seiner tiefen Entwürdigung erst aufrichten, dort der blinden Gewalt der Natur sich entziehen,und hier zu ihrer Einfalt, Wahrheit und Fülle zurückkehren; eine Aufgabe für mehr als e i n  Jahrhundert. Unterdessen gebe ich gerne zu, kann mancher Versuch im Einzelnen gelingen, aber am Ganzen wird dadurch nichts gebessert sein, und der Widerspruch des Betragens wird stets gegen die Einheit der Maximen beweisen. Man wird in andern Weltteilen in dem Neger die Menschheit ehren, und in Europa sie in dem Denker schänden. Die alten Grundsätze werden bleiben, aber sie werden das Kleid des Jahrhunderts tragen, und zu einer Unterdrückung, welche sonst die Kirche autorisierte, wird die Philosophie ihren Namen leihen...Die Usurpation wird sich auf die Schwachheit der menschlichen Natur, die Insurrektion auf die Würde derselben berufen, bis endlich die große Beherrscherin  aller menschlichen Dinge, die blinde Stärke, dazwischentritt, und den vorgeblichen Streit der Prinzipien wie einen gemeinen Faustkampf entscheidet.

  

(F.v.Sch., Über die ästhetische Erziehung des Menschen. Aus den Briefen 2, 5 und 7)

  

 

(nach oben)

  

Die Lösung

  

Was man an Meldungen liest, ist nicht mit dem identisch, was wirklich ist. Man liest z.B. kaum etwas über den täglichen Verkehr. Aber er ist eine abstruse Wirklichkeit, die selbst zu erleben Nerven kostet, weil man z.B. auf Autobahnen der nicht abreißenden Kette von riesigen Lastwagen ausgesetzt ist, von der man ständig befürchten muß, einer breche ohne Ankündigung aus. Ausgesetzt ist man auch der Fülle von Fahrern, die sich an so wenig Regeln halten wie irgend möglich. Jeder Tag  auf den Straßen und Autobahnen ist eine latente Katastrophe.

Und wie viele Skandale werden uns bekannt?. Die wir erfahren, sind wahrscheinlich exemplarisch zu nehmen. Die anderen versickern, bleiben allenfalls als Gerücht hängen.

Wir ahnen nur, daß dieses Land durch immer mehr Korruption gekennzeichnet ist, dieses Land, das sich einst auf seine Solidität in Verwaltung und Wirtschaft  berief. Aus den preußischen Verhältnissen sind längst balkanische geworden.

Was man an Meldungen liest, ist nicht mit dem identisch, was wirklich ist, aber es genügt, um zu sehen, daß eine solche Häufung des Unbewältigten nicht irgendwann bewältigt sein wird. Erst diese Häufung, nicht die einzelnen Malaisen machen unser Unglück aus.

  

Da sind die Riesenprobleme: die Verschuldung des Staates, die Arbeitslosigkeit, die demographische Frage, die Reformen der Renten, des Gesundheitswesens, des Bildungsbereichs. Sie würden genügen, alle auf längere Zeit zu beschäftigen. Aber dahinter stauen sich die anderen, detaillierteren Probleme. Und jene  können eben nicht auf „alle“ rechnen, sondern nur auf kleine Gruppen von Zuständigen, die sich immer aufs neue auch als Unfähige erweisen. Der Bundeskanzler, seine Minister, die Ministerpräsidenten und die Landesregierungen, die Abgeordneten, die Fachleute, die Verwaltungen, die Kommissionen. Diese Leute, die alle anderen „die Menschen“ oder „die Menschen draußen im Lande“ nennen, stehen in Talkrunden mit den immer gleichen Sätzen ihren Mann, und jeder sieht allein dank dieser Veranstaltungen, daß sie es nicht können und nicht können werden. Dahinter also das Detailliertere, auch von Zeit zu Zeit Wechselnde. 

Die Außenpolitik, vertreten durch einen Kanzler, der noch nie ein Konzept hatte, und einen Außenminister, der auch keins hat, aber so sorgenvoll guckt, als hätte er viele. Amerika? Tief fremdelnd. Rußland?Verwandtschaft vorgebend. Frankreich ? Freundschaft, die von der Dominanz Frankreichs lebt. China? Wirtschaft ist alles. Die Türkei? Blind gebucht. Israel/Palästina? Verbeugungen nach beiden Seiten. Italien? Berlusconi ahoi. Wenn wir gegen Rechte sind, begnügen w i r uns mit Haider. Afrika, Süd- und  Mittelamerika, Asien (außer Afghanistan, wo wir nach unserem Verteidigungsminister verteidigt werden)? Achselzucken. Was Außenpolitik genannt wird, ist eine Häufung von Ideenlosigkeit: Allen wohl und niemand weh (außer Amerika, was Begeisterung beim Volk garantiert).

Als Garnierung all dessen  Erlasse, die (nach dem „Stern“ 5/2005 und dem „Spiegel“) vor allem Schwarzarbeitern, Kriminellen, Mafia-Angehörigen, Zwangsprostituierten den Weg nach Deutschland und Europa geöffnet haben. Die Erlasse sind eine Leistung des Außenministers Fischer.

Die Innenpolitik. Immer wieder Islamismus-Probleme. Ausbreitung der Ost-Mafia und krimineller Banden. Zu wenige Polizisten bei der Verfolgung von Kriminellen, bei der Verkehrsüberwachung. Das Scheitern der Föderalismus- Kommission.

Wirtschaft und Wirtschaftspolitik. Verlagerung von Betrieben ins Ausland, Massenentlassungen, Insolvenzen, Managementfehler. Nicht endender Streit von Wirtschaftswissenschaftlern über die richtigen Lösungen. Nicht endende Verwirrungen in der Bundesarbeitsagentur.Die nie endende Frage der Förderung des deutschen Ostens.

Die Bildungspolitik. Der Zustand des Schulwesens. Das Versagen deutscher Schüler nach den PISA-Studien. Endlosigkeit der Rechtschreibreform. Die Wiederholung der Hochschulreform ohne jedes Ergebnis.

Dazu:die Nebentätigkeit von Politikern, die sich immer aufs neue einen schlechten Ruf erwerben; Unfähigkeit von Ministern (im Augenblick Stolpe, Trittin, Bulmahn, Eichel, Clement).

Fußball- und Sportskandale bei immer ärmeren Leistungen.

Erosion der Gesellschaft: Familie, Jugend, Alter, Zunahme sexueller Perversionen, z.B. Pädophilie.

Schwäche der Literatur, des Theaters, des Fernsehens.

Nie endendes Versagen der Deutschen Bahn.

 

Das fällt uns so ein, aber es wird sicher noch viel mehr sein. Und es kommt täglich etwas hinzu. Es ist so viel, daß es längst keine Energie, vor allem keine koordinierende Energie mehr gibt, dies als einen Zusammenhang zu erkennen und seine Bewältigung zu versuchen.

Alle müssen anpacken ? Aber da keiner glaubt, daß das Ganze lösbar ist, packen alle nur da an, wo sich ihnen, ihnen ganz persönlich ein Vorteil zeigt. Die ganze Gesellschaft ist längst privatisiert und interessiert sich nicht für das behauptete Ganze.

Globalisierung? Wer soll sich das vorstellen. Europa? Eine Riesenbehörde aus den üblichen Funktionären. Deutschland? Seit 1945 nie mehr gewesen als ein Fußballverein . Das Land? Eine Angelegenheit aus Karneval, Festen, Gesangvereinen. Die Städte und Gemeinden ? Eine Angelegenheit aus Karneval, Festen, Gesangvereinen.

Nein, wer zusammenhält, wer sich ausbreitet, sind die Türken, die Kurden, die Leute vom Balkan, die Russen etc etc. Sie werden das Land übernehmen und seine Probleme lösen.

  

(nach oben)

  

Zwischen 1968 und 2005

  

Was haben die Achtundsechziger mit unserer heutigen Lage zu tun ? Alles.

Das biedere Geschlecht der fünfziger und sechziger Jahre hatte sich mit aller Energie auf die Wirtschaft gestürzt und war mit „Wohlstand für alle“ belohnt worden. In den Universitäten hatten die Gelehrten großenteils Wissenschaft im Sinne des 19. und frühen 20. Jahrhunderts betrieben. Nur eine kleine Gruppe von Reflektierten dachte und sprach anders und anderes als die Mehrheit der Eifrigen, aber Gedankenlosen. Aber es gab natürlich auch in der relativ kleinen Gruppe von Denkenden und Nachdenklichen deutliche Rangunterschiede: Eine ganze Reihe bedeutender Köpfe, aber auch jene simplificateurs, die in den Feuilletonredaktionen und Nachtprogrammen, in den Theatern, Verlagslektoraten und Filmfestivals und auch in einigen, teils windigen Disziplinen der Universitäten ihre Bastionen hatten. Sie hatten sich in den Jahrzehnten nach dem Krieg angenehm etabliert, verkündeten Vages zwischen Christentum und Marxismus, publizierten Bücher mit sogenannten Essays, breiteten sich auf den Bühnen und in Kunstkinos aus und wollten irgendwann pensioniert werden. Da trat eine größere Gruppe von zwanzig- bis fünfundzwanzigjährigen Studenten in Berlin, Frankfurt, Marburg und anderswo  auf den Plan, die nicht etwa durch eminente Intelligenz auffiel, sondern die v.a.. auf laute Weise ihren Frust loswerden wollte, was hieß, daß sie sich wie häufig in der Geschichte gegen die alten Autoritäten wendete. Das war auch durchaus angesichts der Erstarrungen und Deformationen der Gesellschaft der Bundesrepublik berechtigt. Was nicht berechtigt war, war die von vornherein intellektuell unzureichende und dann immer stärker nur phraseologische Adaptation von Denkpositionen der damaligen Zeit, die sich substantiell als außerordentlich unterschiedlich erwiesen, aber trotz dieser Unterschiedlichkeit zu einem Gebräu aus Kulturkritik, Marximus,Feminismus, antiautoritären Tendenzen, Vietnamkriegsgegnerschaft, urkommunistischen Einfällen, planer Faulheit und trivialer Chaotik verrührt wurden. Dessen Unverdautheit und Unverdaulichkeit servierte die Phalanx der sich revolutionär gebärdenden Studenten, allesamt Abkömmlinge des Kleinbürgertums,  zunächst der Arbeiterschaft , die aufs nachdrücklichste abwinkte. Nun wurde das Zusammengebraute als Jargon, als Lärm und als Gewalt präsentiert, was von vielen Zuschauern als Unterhaltung konsumiert wurde, obwohl sehr wohl hätte erkannt werden können, daß es sich weder um intellektuell Anspruchsvolles noch um Unterhaltung handelte. Aber auch ein erheblicher Teil der Medien, mit Zynismus die einen, mit der Attitude ernsthafter Vermittler die anderen, sorgte alsbald für Verbreitung  des wenig Gedachten, aber Wortreichen. Alsbald ging auch der Staat, zuerst in Gestalt des Berliner Senats, auf die gewalttätige Rhetorik ein. Dann taten es die sympathisierenden  Wissenschaftler in  den Universitäten,  dann die opportunistischen Dozenten dort wie schließlich die Scharen mittlerer Intellektueller, vor allem Lehrer und Journalisten . Nicht als hätten sie durchweg dem Jargon geglaubt, aber sie zogen das bißchen Kopf, das sie hatten, alsbald ein, wie  es ihre Vorgänger durchweg im Jahr 1933 getan hatten.

Von nun an wurden die Leistungsstandards in den Schulen von der Grundschule bis zum Gymnasium, in den Hochschulen, vor allem in den geisteswissenschaftlichen Fächern, zum Teil drastisch gesenkt, so daß sich für sehr viele  aus der damaligen Studentengeneration die Beteiligung an dem Taumel lohnte, was hieß, daß sie mit deutlich geringeren Fähigkeiten und Kenntnissen als bisher z.B. als Lehrer an die Schulen gingen und die für sie selbst gesenkten Standards auch alsbald und um es angenehm zu haben auf ihre Klassen übertrugen, die nun zu Kollegstufen gemodelt wurden im Zuge von Reformen, deren schlimme Wirkungen bis heute spürbar sind und noch lange spürbar sein werden und positiv nur erbracht haben, daß nun neue Reformen ausprobiert werden.

Aber vielleicht war noch schlimmer, daß sich nun eine Atmosphäre ausbreitete, in der die Avantgarde der Achtundsechziger dank Großmäuligkeit, glatter Passagebedingungen der Hochschule, gemütlicher Verhältnisse am Arbeitsplatz, soweit man den überhaupt einnahm,statt reflektierend und organisatorisch sinnvolle Ziele zu verfolgen, sehr früh begann, vor allem ihre persönlichen Karrieren zu planen und durchzusetzen.

Ein einprägsames Beispiel ist dafür die Gründung und die erfolgreiche Etablierung der Grünen. Nur ganz am Anfang ist durch Personen wie Petra Kelly ein Impetus spürbar, der aus der Einsicht in die Notwendigkeit politischer Veränderungen, wie sie in den sechziger Jahren gewachsen war, hervorging. Aber an der Seite dieser Gründer schritt schon damals u.a. der zunächst kleine Schulabbrecher, Ausbildungsabbrecher, der ‚revolutionäre’ Rabauke, spätere Taxifahrer und Bohémien Joschka Fischer, der nicht von ungefähr die Leitfigur der Grünen wurde. Er hatte kein anderes Ziel, als so bequem wie möglich, also ohne die üblichen Leistungsvoraussetzungen einer bürgerlichen Gesellschaft sich auf die politische Leitungsebene  zu hieven. Zuerst geschah das noch im Rahmen der neuen Partei. Dann aber, als die SPD in Hessen mit den Grünen koalieren mußte, stand der ‚revolutionäre’ und herumgammelnde Fischer bereit, seinen eigentlichen Beruf anzutreten. Den benannte er einige Jahre später im Handbuch des Bundestages mit „Staatsminister a.D.“, als sei er ein alter Politiker, der sich in jahrzehntelanger Arbeit und in einem letzten Karriereschritt zum Minister entwickelt habe, obwohl es doch um die Scharlatanerie ging, daß ein Mann ohne alle Voraussetzungen von Ausbildung, Beruf, Kenntnissen, nur ausgestattet mit einem großen Mundwerk, Landesminister wurde und dann mit dem dokumentierten Ausruf „Alles meins“ Bundesminister des Auswärtigen, als sei dies die einzig  richtige Stelle für Bummelanten. Er hatte erkannt, daß seine Partei „eine clevere Geschäftsidee“(Der Spiegel 8/2005)sei, und zwar ganz besonders für ihn selbst.Von der Kleidung über die Attitude bis zur PR-Legende wurde dann der Schein eines ‚geborenen’ und besonders begabten Außenministers aufgebaut, obwohl von seinen außenpolitischen Strategien „meist wenig übrig blieb“(Der Spiegel 8/2005).

Dies ist die exemplarische Biographie eines Achtundsechzigers, wie sie ähnlich, aber in geringerer Drastik  bei Führungsfiguren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung zu finden ist, bewundernswert für die, die darin das Vorbild fanden, mit geringster Anstrengung und einem Minimum an Substanz den raschen Aufstieg zu schaffen.Darum war Fischer so lange der beliebteste Politiker der Deutschen.

Bestätigte er doch die große Gruppe derjenigen, die zwar nicht nach ganz oben gerutscht waren, aber doch mit ebenso geringen Kenntnissen und keinen Fähigkeiten im mittleren Bereich, vor allem innerhalb der Medien und der öffentlichen Erziehung, zu bequemen Positionen kommen konnten.

Das Absinken der Qualität sowohl auf der Leitungsebene wie auf der mittleren der Hochschulabsolventen wie aufgrund dieses Absinkens endlich auch bei den Hauptschulabsolventen  hat uns in die nun offenkundige Misere geführt.

Das öffentliche Leben  wird  heute allein von einem Heer von Schwätzern bestimmt, das sich seit 1968 formieren konnte Es gibt in allem den Ton an, ist aber zu politischem Handeln, zum Verwaltungshandeln, zu Änderungen der Situation nicht in der Lage, da es nichts gelernt hat außer dem Gebrauch der rhetorischen Versatzstücke eines als rational behaupteten Jargons.

  

(nach oben)

  

VON DEN MEDIEN

  

Dr. h.c. Enderlein und sein Hörfunkrat 

oder 

Wie ein Kontrollanhängsel des öffentlich-rechtlichen Apparats funktioniert

oder

Wie sich eine Mücke als Elefant erweist

  

  

                                                                                                    31.Dezember 2004

  

An den

Vorsitzenden des Hörfunkrats

Deutschlandradio

Herrn Dr.h.c. Hinrich Enderlein

  

Raderberggürtel 40

50968 K ö l n      den Mitglieden des Hörfunkrats zu Kenntnis

  

Sehr geehrter Herr Dr. Enderlein,

  

Sie haben mir am 7.12. 2004 im Auftrag des Programmausschusses und des Hörfunkrats des Deutschlandradios auf meine Beschwerde (Eingabe) an den Vorsitzenden des Verwaltungsrats des Deutschlandradios vom 11.10. geantwortet.

Diese Beschwerde (Eingabe) war nötig geworden, weil auf mein e-mail an den Intendanten, Herrn Elitz, vom 10. 5., das eine fehlerhafte Information bemängelte, keine Antwort erfolgte, es vielmehr eines Schreibens an den Intendanten vom 24.6. bedurfte, in dem ich auch einen weiteren Casus, diesmal aus dem Bereich des Interviewer-Verhaltens, monierte, um am 5.7. endlich eine Antwort durch den Programmdirektor zu erwirken.

Da ich diese Antwort nicht nur für unzutreffend und in der Form für unakzeptabel hielt, sondern für ebenso typisch wie die ganze Angelegenheit, wandte ich mich  am 6. 8. mit detaillierten Ausführungen abermals an den Intendanten, dessen Antwort ich am 8.9., da sie bis dahin nicht erfolgt war, anmahnte. Am 28.9.antwortete dann ein mir unbekannter Herr Dappner unter dem Rubrum „Intendanz“, der den Vorgang für „abgeschlossen“ erklärte.

Darauf gab es keine andere Möglichkeit, als dem zuständigen Gremium, als das sich der Hörfunkrat dann erklärte, am 11.10.die Sache vorzutragen.

  

Ich halte zunächst fest: als Hörer des Deutschlandfunks hatte ich nur die Alternative,mich entweder mit der Nichtbeantwortung meines e-mails vom 10.5. zu bescheiden oder die Sache weiter zu verfolgen, was inzwischen über fünf Monate wegen des Verhaltens der Senderinstanzen beansprucht hat und was ich auch mit diesem Schreiben aus Gründen tue, die unmittelbar mit den Gewährleistungen unseres Rechtsstaates zusammenhängen, die u. a.darum bestehen, damit kruder Mehrheitsgewalt entgegengetreten wird.

Sie führen in Ihrem Schreiben vom 7.12. unter anderem aus, daß nach einer Eingangsbestätigung „in der Regel zeitnah eine inhaltliche Stellungnahme eines Redakteurs“ erfolge.Das geschah, wie Sie dankenswerterweise einräumen, in meinem Falle nicht. Sie finden es daher „bedauerlich“, daß „die Beantwortung  fast zwei Monate“ auf sich warten ließ, entschuldigen sich dafür „ausdrücklich im Namen der Anstalt“, was als honorig bezeichnet werden darf, da es in den heutigen öffentlichen Zuständen Deutschlands nicht mehr selbstverständlich ist. Doch vergessen Sie leider hinzuzufügen, daß es meines Briefes vom 24.6. an den Intendanten bedurfte, um endlich nach zwei Monaten eine Antwort zu erhalten.

Damit sind wir bei der Sache bzw. den zwei Sachen, die in meiner Beschwerde eine Rolle spielen und die von mir als Exempel von Typen journalistischen Verhaltens verstanden werden:nämlich zum einen des Typus „Informationsfehler“, zum anderen des Typus „Verhalten zu interviewten Personen“.

Sie konstatieren in Ihrem Brief vom 7.12., der Hörfunkrat gehe „bei dieser Sachlage davon aus, dass [meine] Beschwerdepunkte unberechtigt“ seien. Das sei auch bereits in dem Brief des Programmdirektors vom 5.7. „ausgeführt worden“.

Was ist in Ihren und der Mitglieder des Hörfunkrats Augen die Sachlage ?

  

1. Ich hätte Beschwerde darüber geführt, daß in dem Bericht einer Korrespondentin gesagt worden sei, nach der Ermordung des damaligen tschetschenischen Präsidenten habe „der Ministerpräsident die Geschäfte des Regierungschefs übernommen“. (Ich hatte geschrieben: „vorübergehend übernommen“.) Das bedeute nach meiner Auffassung, „daß die schlichtesten staatsrechtlichen Unterschiede zwischen Staatsoberhaupt und Regierungschef unbekannt“ seien. Dieses Referat ist bis auf den kleinen bezeichneten Lapsus korrekt.

Sie führen nun aus,daßSie und Ihr Rat„die tschetschenische Verfassung zu Rate gezogen“ hätten, und zwar in der englischen Fassung, was nicht besonders schwierig war, da Sie diese rasch im Internet finden können. Dort stehe nun: „The President of the Chechen Republic is the chief executive of the Chechen Republic and heads the executive power of the Chechen Republic.”

Bene. Aber können Sie mir, der Sie doch immerhin Mitglied einer deutschen Landesregierung waren, sagen, was das mit meinem Einwand  zu tun hat, es sei eine falsche Information zu sagen, „der Ministerpräsident [habe] die Geschäfte des Regierungschefs vorübergehend übernommen“? Ich freilich kann es Ihnen sagen: nichts!

Denn es  geht nicht um die Bestimmung der Funktion eines Amtsträgers, sondern, wie mein Monitum deutlich sagt, um eine Unterscheidung. Der „chairman of the government“, also Regierungschef, kann nicht vorübergehend die Geschäfte des Regierungschefs übernehmen, denn die führt er ja schon. Der „Ministerpräsident“ (chairman of the government) übernahm vielmehr gemäß dem Wortlaut der Verfassung vorübergehend die Funktion des Präsidenten (Staatsoberhaupts, gleichzeitig Chefs der Exekutive).

(Verfassungstext: „Whenever the President...is unable to fulfill his duties these duties shall be temporarily discharged by the chairman of the government of the Chechen Republic.”)

Dies also hätte die Information sein müssen.

Die Meldung war aber exakt so, wie ich es bereits am 10.5. moniert habe: Die Korrespondentin konnte also nicht zwischen dem Staatsoberhaupt (President) und dem Regierungschef (chairman of the government) unterscheiden und gab darum die  Fehlinformation, der Regierungschef  habe vorübergehend die Funktion des Regierungschefs übernommen, was natürlich nonsense ist.

Und Sie wagen es mitsamt Ihrem Rat, mir jene Manipulation, die sich sofort selbst überführt, als Beweis für die Nichtberechtigung eines Teils meiner Beschwerden zu präsentieren?  Dies wollen wir einen evidenten Skandal nennen, was er„bereits in dem Brief des Programmdirektors“ war.

Kein Wort sagen Sie im übrigen dazu, daß ich diesen drastischen Informationsfehler als einen sich ständig wiederholenden in Ihrer Anstalt wie in anderen Rundfunk-, Fernseh- und Pressemedien namhaft mache.

  

2. Sie und der Rat haben keinen Zweifel daran, daß zwischen dem Moderator der Sendung und dem britischen Botschafter abgesprochen worden sei, dieser wolle als „Herr Torry“ angeredet werden. Mir wird von Ihnen zur Last gelegt, daß ich der „Aussage eines Redakteurs“ mit jenem Inhalt nicht glaube. Sind wir noch in Europa oder bereits in einem totalitären Regime? Nun müssen wir also als Hörer bereits den Aussagen eines Redakteurs glauben.Gehört der Zweifel nicht zu den Vorzügen westlicher Gesellschaften und zu den Pflichten eines Demokraten und Intellektuellen? Sie als Mitglied der FDP aber raten davon ab. Sie prüfen gar nicht nach, sondern haben von vornherein keinen Zweifel, und darum habe ich nach Ihrer Meinung auch keinen zu haben, daß es eine entsprechende Absprache gegeben habe.

Nun bin ich selbst noch nie vor einem  Interview gefragt worden, wie ich angeredet werden wolle.

Der britische Botschafter läßt mir ausdrücklich erklären, er wisse nicht mehr, wie er angeredet worden sei, er sagt also nicht, man habe über die Anredeform verhandelt,obwohl der Programmdirektor doch dies gerade behauptet hatte.

Identische Personen des öffentlichen Lebens werden in dem einen (selteneren) Fall mit ihrer Funktion oder ihrem Titel angeredet, in dem anderen (häufigeren) nur mit dem Namen. Ihre Folgerung müßte sein, daß sie eben dem einen Interviewer gegenüber diesen Wunsch, dem anderen aber jenen geäußert haben. Das würde Ihnen als wahrscheinlich gelten, nicht wahr.

Und Sie wollen mir wohl auch noch zumuten zu glauben, etliche Interviewte wünschten inzwischen, als seien sie Schüler, nur mit dem Vor- und Nachnamen angeredet zu werden, wie es seit einiger Zeit durchgesetzt wird.

Aber nichts Zweifelhaftes kann Sie beeindrucken, alles  bestärkt Sie nur in dem Glauben an die „Aussage eines Redakteurs“(den Sie auch von mir erwarten), daß nämlich der britische Boltschafter Sir Peter Torry vor dem Interview befragt worden sei und gewünscht habe, als „Herr Torry“ angeredet zu werden.

Sie und Ihr Rat, die Glauben fordern,verwenden aber wieder keine Sekunde darauf zu bedenken, was ich Ihnen bei Gelegenheit des Casus anriet, wie weit nämlich der Verlust der Distanz, der sich in dem Anredeverfahren zeige, gefährlich für die Unabhängigkeit beider Seiten sei. In den USA und in Großbritannien, woher man  diesen Usus meint übernommen zu haben, werden natürlich die, die sich im Privaten John und Peter nennen, in einem öffentlichen Interview niemals den „amtlichen“ Partner anders als mit seiner Funktion anreden.

  

Sie haben, so werden Sie inzwischen bemerken, in den beiden konkreten Fällen nicht nur gezeigt, daß meine„inhaltlichen Beschwerdepunkte“ richtig waren und sind(in dem ersten Fall zu 100%, im zweiten zu 98 %), sondern auch, daß Sie durch offenkundige Manipulation der einen Beschwerde (Funktionsbestimmung anstelle der Unterscheidung von Staatsoberhaupt und  Regierungschef) und andererseits durch den Versuch, mir den Zweifel an journalistischen Behauptungen zu verbieten, sich den Postulaten und Verfahren der Medien bewußt oder unbewußt unterworfen haben und zu einer wahrheits- und zweifelsorientierten Behandlung einer Ihnen vorgetragenen Sache nicht bereit und nicht fähig sind. Durch die Haltung einer fast irrationalen Abwehr gegenüber legitimierter und selbstverständlicher Hörerkritik, einer Abwehr, die nur die journalistische bestätigt, trägt der Rat seinen bescheidenen Teil zur Ruinierung dieses Staates und seiner Gesellschaft bei, die von so vielen Kräften des Landes emsig betrieben wird. So wird an zwei winzigen, aber deutlichen Vorkommnissen aufs plausibelste das Bild der Politik, der Wirtschaft, der Kultur, der Medien in diesem Lande bestätigt, wie es sich seit Jahren für die Mehrheit der Bevölkerung herausgebildet hat.

Schließlich muß noch einmal festgehalten werden, daß der Rat den wiederholt vorgetragenen, aus den Einzelfällen abgeleiteten Generalisierungen überhaupt keine Aufmerksamkeit schenkt, obwohl jene selbst dann, wie die tägliche Erfahrung mit journalistischer Rede zeigt, intensiven Studiums des Rates bedürften, wenn die Einzelfälle zu Unrecht kritisiert worden wären, was freilich durchaus nicht der Fall ist.

  

Und nun „lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen“, den mit den Mitgliedern des Hörfunkrates, die sich ja für mich als Anonymi präsentieren, zu bedenken ich Sie ausdrücklich bitte.

Zunächst wollen Sie  zur Kenntnis nehmen, daß angesichts bestimmter Formulierungen, die Sie ja wohl mit dem Hörfunkrat abgesprochen haben, die Gemütlichkeit nun durchaus an ihr Ende kommt.

Sie beobachten gegen Ende Ihres Briefes nämlich folgendes Verfahren: zunächst kleben Sie eine Fülle von Behauptungen, die eben einzig durch ihre Fülle beeindrucken sollen, aneinander; sprechen also hintereinanderweg von „polemischen Verallgemeinerungen, beleidigenden Unterstellungen und Beschimpfungen von Menschen, die Sie gar nicht kennen“, von Beschuldigungen der „Unfähigkeit, Uninformiertheit und Unerzogenheit“, die „nicht die schlimmsten[,]aber die gängigsten Formulierungen“ seien, schließlich davon,es sei das, was ich und wie ich es schreibe „zum Teil regelrecht menschenverachtend“.

Das alles kontrastiere „besonders stark zu [besser: mit]der Tatsache, dass Ihre Beschwerde in der Sache unberechtigt ist“.(Sie ist natürlich niemals „unberechtigt“, das könnte Ihnen so passen, sondern nach Ihrer Meinung und allenfalls unrichtig.)

Fangen wir doch  bei dem letzten an. Es ist hinlänglich dargetan worden, daß und warum da gar nichts kontrastiert, sondern daß meine kritischen Ausführungen in der Sache und ganz und gar in der Sache ihren Ursprung und ihren Bestand haben. Woher aber nehmen Sie angesichts dessen diese geradezu satte Selbstgewißheit, zu glauben,mich bei unrichtigen Beschwerden betroffen zu haben, obwohl Sie und Ihr Rat überdies zeigen, daß man sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, zu erfassen, worin die eine Beschwerde besteht, und zu begreifen, daß man der anderen nicht durch den eigenen Mangel an Zweifel und die Forderung, sich gefälligst auch so zu verhalten, nämlich gläubig, begegnen kann?.Es ist also nichts mit der Kontrastierung, vielmehr sind Sie und die Ihren nach wie vor in der Beweispflicht und dies um so mehr, als Sie hier nicht einem raschen kritischen Einfall von irgendwem zu antworten haben, sondern der über fünfundfünfzigjährigen Erfahrung und Reflexion  eines Mannes, der weit vor der Registrierung alltäglicher und zahlloser Informations- und Umgangsmängel dem Schrecken der Mediensprache nachgegangen ist, angesichts deren bewußtseinszerstörender Gewalt Sie natürlich auch Glauben statt Zweifel empfehlen würden.

Sie mengen ohne den Hauch einer Differenzierung kategorial völlig Verschiedenes, belegen Gerechtfertigtes und Ungerechtfertigtes mit dem gleichen Verdikt, wobei das Ungerechtfertigte ohne den Hauch eines Beweises und sogar als durchgängige Erscheinung meiner Schreiben behauptet wird. 

Von „polemischen Verallgemeinerungen“ wird gesprochen,als sei dies ein verfolgenswertes Delikt und nicht eine berechtigte und notwendige Darstellungsweise.

„Beleidigende Unterstellungen und Beschimpfungen von Menschen, die Sie gar nicht kennen“, werden behauptet. Wenn Sie freilich damit meinen, kennte ich sie, seien jene zu akzeptieren, so sehen Sie mich im Kontrast zu dieser Auffassung. Doch Ihre Entrüstung darüber, daß ich Menschen kritisiere, die ich gar nicht kenne,fügt zu den Vorwürfen nur den Aberwitz. Denn ich müßte nach Ihrer Auffassung, bevor ich eine öffentliche Äußerung, die mir falsch oder problematisch erscheint, angreife, erst den Sprecher um ein Gespräch bitten. Sie merken hoffentlich noch, in welchem Maße Sie sich versteigen und Ihren Ruf gefährden. Aber viel wichtiger ist, daß Sie mit jenen Behauptungen von Beleidigung, Unterstellung und Beschimpfung fahrlässig oder gar wider besseres Wissen operieren und darum umgekehrt Beleidigung, Unterstellung und Beschimpfung Ihnen und dem Rate anzulasten sind, die ich dringend auffordere, wenn sie sich von diesem Vorwurf befreien wollen,mir Punkt für Punkt nachzuweisen,  wo ich mich jener schuldig gemacht habe. Er komme mir aber nicht mit Einwänden, die er aus vorkritischen Zeitaltern ableitet, welche er in dem Ratschlag, nicht zu zweifeln, sondern zu glauben,und zwar insbesondere Redakteuren, „stark“ zu venerieren scheint. Doch ist schon jetzt hervorzuheben,daß die entrüsteten Behauptungen des Rates „besonders stark zu der[besser:mit der] Tatsache“ kontrastieren, daß sie von Repräsentanten eines Milieus kommen, das zwischen Bild-Zeitung und „Spiegel“, zwischen Radio und Fernsehen bekanntermaßen mit vielen von ihm be- und verurteilten  Menschen, die die Täter zumeist gar nicht kennen, sich jede Art von Beleidigung, Unterstellung und Beschimpfung erlaubt, nämlich unter dem Schutz einer Pressefreiheit, vor der Leser, Hörer und Zuschauer zu kuschen haben. Wie bemerkenswert, daß der Hörfunkrat zwar mutig einem einzelnen Widersprechenden gegenübertritt, aber den Exzessen jener Macht lieber mit Stillschweigen begegnet.

„Regelrecht menschenverachtend“zu sein wird daher auch nicht einer Vielzahl von Medienäußerungen vorgehalten, sondern dem Autor dieses Briefes.Das stellt freilich in der leichtfertigen Reihung von Behauptungen eine Klimax dar, in der sich eine aus der Luft gegriffene Behauptung und ein völliger Mangel an Verantwortung miteinander verbinden. Ich erwarte, daß Sie und der Rat sich für diese Formulierung bei mir entschuldigen. Wie kommen Menschen dazu, die ich gar nicht kenne, ja die aus ihrer Anonymität nur hervorzulocken sind, wenn ich mir die Mühe machte, sie in Handbüchern aufzusuchen, meiner kritischen Einrede, die doch unter dem Schutz des Grundgesetzes steht, ‚Menschenverachtung’ nachzusagen? Aber Sie suchen wohl nur einen möglichst massiven Ausdruck für den Wunsch, anderen Menschen den Mund zu verbieten, weil sie dem geheimen Totalitarismus der Medien entgegentreten, dem Politiker und viele andere  – Beleidigung! – manchmal mehr aus Bequemlichkeit, manchmal mehr aus Feigheit gern Reverenz erweisen.

Könnte es sein, so frage ich in Ihrer pädagogischen Manier, daß es mir gar nicht um „Gesprächspartner“ ging, sondern darum, daß ein Funkgremium bei Entscheidungen korrekt, argumentativ und nachdenkend vorgeht?„Es wäre denkbar und verständlich“.

  

In summa: Dieses Gremium unter Ihrem Vorsitz nimmt in dem ersten monierten Fall die „Sachlage“ gar nicht zur Kenntnis, sondern manipuliert sie und entscheidet dann abschlägig.

Es schlägt sich im zweiten Fall von vornherein auf die Journalistenseite, prüft gar nichts, fordert Glauben, spricht sich gegen Zweifel aus und entscheidet abschlägig.

Es denkt nicht daran, die vorgetragenen Fälle in der Perspektive zu sehen, die ich benenne: keine Gewähr für Informationsrichtigkeit in den Medien, kein angemessener und distanzierter Umgang mit Interviewten, sondern äußert sich dazu gar nicht.

Dafür ist es entrüstet und zeiht mich einerseits solcher Vergehen, die keine sind, andererseits versucht es, bis zum Vorwurf der Menschenverachtung, aber ohne den Hauch eines Beweises, zu  imaginieren, Furchtbares sei geschehen, was meint, ein Hörer habe von seinem Recht Gebrauch gemacht, zwei vergleichsweise bescheidene Problempunkte und deren allgemeine Konsequenzen darzutun.

Sie wünschen den Eindruck Ihrer „Anstalt“ als einer Art Missionsanstalt des 19.Jahrhunderts zu erwecken, in der „Menschen, die ich gar nicht kenne“, Glauben meinen fordern zu können. 

Fast zur gleichen Zeit berichtet der „Spiegel“(52/2004) von der „Anstalt“ ARD mit Bezug auf Herrn Harald Schmidt über „japsende Begeisterung“ der Medien, „Apotheose-Rummel“, über einen „Annäherungsversuch“ des „ARD-Chefs Jobst Plog“, über eine „Mediennutte“ (Schmidt über Schmidt), darüber, daß man dem „Freier [ARD] [nicht] ins Gemächt“ treten solle, daß der gefeierte Herr Schmidt z.T. nur herumsaß, sich aber derlei „in der Erinnerung zu Höhepunkten deutscher Fernsehunterhaltung“ verkläre, daß man sich bei Telemessen mit „ich Zuhälter, du Mediennutte“ begegne, daß „Schmidts Zynismus“ „salonfähig geworden“ sei etc etc.

Dafür interessieren Sie sich in Ihrer Missionsanstalt offenbar nicht. Sie sind dafür da, den Hörer und Zuschauer abzuwehren und den Medienschaffenden zu glauben, unter denen „wichtige ARD-Menschen wie Programmchef Günter Struve geradezu masochistisch darauf warten, von der eigenen Neuerwerbung als Knallchargen abqualifiziert zu werden“.

Mannhaft treten Sie stattdessen der Absicht entgegen, der es nicht einmal um die völlige Versumpfung der Öffentlich-Rechtlichen geht, wie Exempel sie zeigt, sondern die nur auf zwei, allerdings hartnäckig auftretende Mängel des Systems zielt. Denn diese Mannhaftigkeit kostet Sie nichts.

Die Öffentlich-Rechtlichen nähern sich immer mehr der Schmierigkeit der Privaten an, Sie aber gucken weg, verdrehen die Augen und erblicken als blinde Seher inmitten des von Ihnen beschützten Chaos einen Menschenverächter. Denn er hatte auf einen winzigen Teil des Chaos aufmerksam gemacht.

Und ein solches Gremium müssen wir nicht nur dulden, sondern auch noch, als vegetierten wir im schlimmsten Feudalismus, bezahlen.

  

Weiter so und mit freundlichen Grüßen,

  

  

(Univ.-Prof.Dr.Helmut Arntzen)

  

Anlage

  

Beispiel 1:

Am 19.12.04 ca 12,52 Internationaler Frühschoppen in Phoenix.

Die Moderatorin, einem türkischen Journalisten zugewendet:

„...die Frau Ihres Staatschefs...“

[gemeint war die Frau des türkischen Ministerpräsidenten/ Regierungschefs Erdogan]

  

Beispiel 2:

Am 31.12.04 Morgenmagazin im Deutschlandfunk.

Interview des Moderators Meurer mit Kardinal Lehmann:

Beginn mit der Anrede „Herr Kardinal“, nach einer Sekunde „Herr Lehmann“.

(Natürlich lag eine Absprache vor. Der Kardinal hatte gesagt: „Nennen Sie mich am Anfang ‚Herr Kardinal’, dann ‚Herr Lehmann’.“)

  

(nach oben)

  

Nachtrag

  

                                                                                                    10. Februar 2004

  

An den

Vorsitzenden des Hörfunkrats

Deutschlandradio

Herrn Dr. h.c. Hinrich Enderlein

  

Raderberggürtel 40

50968 K ö l n

  

  

Betr. Mein Schreiben vom 31.12.2004

  

Sehr geehrter Herr Dr. Enderlein,

in meinem o.g. Schreiben habe ich dazu aufgefordert, daß Sie und der Rat mir Punkt für Punkt nachweisen,wo ich mich der„Beleidigung, Unterstellung und Beschimpfung“ schuldig gemacht habe.

Das ist bis heute nicht geschehen.

Ich wiederhole daher, daß Sie und der Rat mit jenen Behauptungen fahrlässig oder gar wider besseres Wissen operiert haben.

Sie haben ferner (auch namens des Rats) erklärt, was ich geschrieben und wie ich es getan habe,sei „zum Teil regelrecht menschenverachtend“.

Ich habe Sie aufgefordert, daß Sie und der Rat sich für diese Formulierungen, die durch nichts begründet sind, bei mir entschuldigen.

Dies ist bis heute nicht geschehen.

Ich erkläre daher, daß Sie und der Rat mich insoweit auf leichtfertige und unverant- wortliche Art beleidigt haben.

  

Mit freundlichen Grüßen,

  

  

(Univ.-Prof.Dr. Helmut Arntzen)

  

  

Fernsehinformation

  

Der NDR sendet unter dem Titel „Hamburgs heimliche Herrscher“ einen Film, in dem vier in Hamburg  wohnhafte und arbeitende Herren vorgestellt werden. Der Titel bedeutet, diese Herren seien, nehmt alle nur in allem, die heimlichen Herrscher Hamburgs.

Es sind der Inhaber der ältesten deutschen Bank,der Inhaber eines Fischrestaurants, ein Architekt, der Chefredakteur der Bild-Zeitung.

Ein „heimlicher Herrscher“Hamburgs  ist von diesen vieren allenfalls der Bankier.

Sicher ist der Chefredakteur auch ein „heimlicher Herrscher“, aber nicht speziell Hamburgs.

Der Inhaber eines Fischrestaurants und der Architekt sind  keine „heimlichen Herrscher“.Der Architekt und wohl auch der Chefredakteur sind keine Hamburger.

Man nimmt aber angesichts des Titels an, die „heimlichen Herrscher Hamburgs“ seien Personen, die nicht als Politiker im Vordergrund stehen, sondern als Angehörige des Patriziats aus ihrem Naturell und dem Bewußtsein ihrer Stellung heraus sich deutlich zurückhalten.

Das gilt aber eben nur für den Bankier, obwohl der offenbar dem Filmemacher aufgesessen ist, denn ein „heimlicher Herrscher“, der vor der Fernsehkamera figuriert, ist kein „heimlicher Herrscher“ mehr.

Was erfahren wir von diesen vier Herren? Sie werden uns kästchenweise gezeigt, und zwar  als bewegte Standbilder. Alle sind ordentlich angezogen, nur der Chefredakteur trägt keine Krawatte, sondern ein offenes, immer etwas verrutschtes Hemd. Man sieht das häufiger, aber es sieht stets so aus, als sei der Mann noch nicht ganz angezogen. Der Architekt, der ein Iraner ist, sagt, er baue Häuser. Der Fischrestaurantbesitzer zeigt seine Familie vor und  telefoniert mit Münchner Fußballfunktionären. Der Bankier geht mit Frau und Hund in einen Park und auf den Polorasen, spielt aber selbst nicht Polo. Und der Chefredakteur tut so, als redigiere er seine Zeitung, und kauft mit seiner Frau Käse und Kirschen ein.

Alles ist in Hochglanz und völlig nichtssagend. Vom ‚heimlichen Herrschen’ des Bankiers und des Chefredakteurs erfahren wir nichts.

Das einzig Interessante ist, was der Chefredakteur sagt und was über ihn gesagt wird, gerade weil es so nichtssagend sein soll wie alles andere.

Er wird „Deutschlands meist beachteter und gefürchteter Journalist“ genannt, und über seine Zeitung heißt es, richtig sei, was sich verkaufe. 

Von den Käufern und Lesern sagt der Chefredakteur: „Sie müssen die Zeitung kaufen.“ Er will damit sagen, nur wenn die Zeitung gekauft werde, könne sie bestehen. Aber er sagt es so, wie er es sagt.

Seine Bemerkung zum Redigieren ist: „Ich will es nicht drin haben.“

Von seiner Zeitung sagt er: „Wir sind in unseren Schlagzeilen nicht zimperlich“.

Der Privatmann sagt, er gehe „wahnsinnig“ gern einkaufen, er wohne schon „irrsinnig“lange in Eppendorf, auch spricht er von einem „tollen sinnlichen Urlaubserlebnis“.

Wir erfahren also immerhin, was einen „heimlichen Herrscher“ ausmacht, der Journalist, „gefürchteter“, ist: die Leser „müssen“ kaufen, er selbst will etwas „nicht drin“ haben, die Zeitung ist in „Schlagzeilen“ (nur in diesen?) „nicht zimperlich“. Außerdem macht ihn aus, daß die von ihm (privat) verwendeten Adverbien und Adjektive solche sind, von denen auch Jugendliche gern Gebrauch machen. Seine Frau trägt den Wunsch bei, „daß wir als Familie funktionieren“. Er selbst sieht noch 28 Arbeitsjahre vor sich, die ihm identisch sind mit „’ner Menge Schlagzeilen“.

  

  (nach oben)

  

Fernsehkommentare

  

Anläßlich der zweiten Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten versammelt der Sender Phoenix Experten, die die Fernsehübertragung des Geschehens kommentieren.

  

Werner Sonne sieht an der Seite des Präsidentenpaares auf den Stufen des Kapitols Bushs Eltern. (Es ist natürlich der Vizepräsident Cheney und dessen Ehefrau.)

  

Inka Schneider sagt, Bush möchte einen Fußabdruck in den Geschichtsbüchern hinterlassen.

  

Gabi Dietzen sieht den Menschen am Straßenrand Freude ins Gesicht geschrieben. (Man kann gar keine Gesichter erkennen.)

  

Gerd Helbig spricht hinsichtlich der Sicherheitsvorkehrungen von einer Reaktion auf das, was vor  z w e i  Jahren geschehen sei.(Gemeint ist der 11. Sept. 2001.)

  

Werner Sonne, der immer wieder seine außerordentliche Kompetenz vorführt, sagt, als das Weiße Haus gezeigt wird, dies sei das Wohn- und Amtshaus des amerikanischen Präsidenten. Er fügt hinzu, dort wohne der amerikanische Präsident.

  

Klaus Harpprecht, ein grundgelehrter Mann, spricht von einem „poetus doctus“.

  

  

Fernsehdiskussion über die Fußballweltmeisterschaften in Deutschland 2006

  

In „Phoenix“ kann man dies sehen und hören:

  

Auf einer Bühne stehen zwei Frager und fünf Antworter.

  

Während zwanzig Minuten  sprechen die Antworter v.a. von Sponsoring, song contest, Aufträgen, Wachstum, Gewinnspielen, spekulativem Geschäft, daran verdienen, 9-10 Milliarden, Wirtschaftswunder, Unternehmen, Markenbild, Nike-Botschafter, Adidas, Manager und von

  

Bewußtseinsveränderung.

  

Hinterher wird gesagt, es sei eine lustige Diskussion gewesen und eine launige Diskussionsrunde.

  

  

Fernsehpolitiker

  

Eine der hervorragendsten politischen Transusen der Republik, Frau Steffi Lemke von den Grünen, verbat sich in einer Fernsehdiskussion das Dreschen von Phrasen.

Dann sagte sie, man müsse junge Menschen auf der Straße fragen: „Geht ihr wählen, ja oder nein ?“ und: „Warum geht ihr wählen, j a o d e r   n e i n ?“

Nachdem sie dies in trister Monotonie vorgetragen hatte, versank sie wieder darin.

  

  

VON DER SPRACHE

  

Sprache und Mediensprache I

  

Nach dem Ende von Mythos, Religion, Vernunft als jeweils bestimmenden anthropologischen Systemen bleibt als fundamentales Anthropologicum die Sprache. Wir können ihr nicht entfliehen, sie ist vielmehr unserem Fühlen, Denken, Tun immer schon voraus. Jeder Versuch eines außersprachlichen oder vorsprachlichen Ansatzes ist absurd, da ja alle Vorstellungen die Sprache nicht nur als Artikulations-, sondern vielmehr auch als Denk-, Handlungs- ja , als Seinsvoraussetzung haben, wobei uninteressant ist, ob kosmologisch oder gar metaphysisch eine Translingualität anzunehmen ist, da sie uns nicht anders zu vermitteln wäre denn  als Annahme, die  wieder unsere  Sprachfähigkeit voraussetzt. 

Es ist interessant, daß auch der Schöpfungsmythos der Genesis bereits mit der Sprache als (anthropologischer)Seinsvoraussetzung operiert, was ja nicht nur auf den Rang der Sprache in den Heiligen Schriften der Juden aufmerksam macht, sondern auch darauf, daß hier das Modell der Sprache als weltkonstitutiv begriffen wird.

In der Moderne gehören zu den ersten Denkern, die Sprache als fundamentales Anthropologicum begreifen, Hamann, Herder und Humboldt. Johann Georg Hamann schreibt  „Erfindung und Vernunft setzen ja schon eine Sprache zum voraus“ (Beylage...der Königsbergschen  gelehrten und politischen Zeitung 1772).Johann Gottfried Herder schreibt in seiner „Abhandlung über den Ursprung der Sprache“: „Schon als Thier, hat der  Mensch Sprache“. Und Wilhelm von Humboldt schreibt in seiner Einleitung zum sog. Kawi-Werk: „Der Mensch lebt mit den Gegenständen hauptsächlich, ja, da Empfinden und Handeln in ihm von seinen Vorstellungen abhängen, sogar ausschließlich so, wie die Sprache sie ihm zuführt. Durch denselben Act, vermöge dessen er die Sprache aus sich herausspinnt, spinnt er sich in dieselbe ein...“. Also, Vernunft wie der Mensch als sinnliches und als reflektierendes Wesen haben immer schon Sprache zur Voraussetzung.

Noch für Kant  lieferte Sprache die Begriffe in Wortzeichen, in denen sich qua Urteil dann die Wahrnehmungen synthetisierten. Das hängt damit zusammen, daß Kant Raum und Zeit als die menschlichen Anschauungsformen postuliert und nicht die Sprache Für den Positivismus protokolliert die Sprache lediglich im nachhinein das vorgängige wie vorsprachliche Faktische.Er scheint weiterzuführen, was bereits im mittelalterlichen Nominalismus als Dualismus von Sache und Zeichen erscheint.

Doch ist das Interesse des Positivismus gar nicht auf jenen Dualismus gerichtet, sondern auf die Dominanz des Faktischen, dessen Vermittlungen ihm nur ein Sekundärproblem darstellen. Jedenfalls ist damit von vornherein Sprache auf die Funktion eines (Vermittlungs-) Instruments reduziert, dessen interne Struktur von der Linguistik analysiert wird.

Es ist historisch von außerordentlicher Bedeutung, daß sich etwa zur gleichen Zeit das universelle wie das strikt instrumentelle Verständnis von Sprache herausbildet.

Das universelle Verständnis von Sprache wird mehr und mehr zur Voraussetzung von Literatur. Zwar haben wir seit dem 19. Jahrhundert auch eine mehr oder minder positivismusanaloge Auffassung vom Realismus der Literatur i.S. einer sprachlich vermittelten Darstellung von gegebener Realität, die sich vom poetischen Realismus über den Naturalismus schließlich zum sogenannten sozialistischen Realismus verengt. In ihm erweist sich die Realismus-Vorstellung dann allerdings als durchaus ideologische. Doch wird sowohl in trivialen Prosatexten wie auch in manchen mit literarischem Anspruch an der Realismus-Vorstellung festgehalten, was natürlich nur unter der Voraussetzung einer sprachlichen Mimesis von Gegebenem diskutierbar ist. Doch wird dabei übersehen, daß der Begriff des faktisch Gegebenen nichts als wiederum ein sprachlicher Entwurf ist, wie er sich ja auch im System des Positivismus vorstellt, wobei dieses, repräsentiert von seinen Theoretikern, freilich  sich seiner eigenen Sprachlichkeit nicht bewußt ist.

So sehr die Sprachlichkeit bedeutender literarischer Texte schon in den Phasen von Mythos, Religion und Vernunft mehr oder minder deutlich hervortritt (nachdrücklich in der Lyrik, neuzeitlich v.a. im Barock, der Goethezeit, der Romantik, im Drama bei Shakespeare und Goethe, in Erzählung und Roman bei Rabelais und Fischart, bei Wieland, in der Romantik), wird sie in der Lyrik seit dem  Symbolismus (so bei Baudelaire, Mallarmé, Verlaine, dann bei George, Hofmannsthal, Rilke, Benn, Celan), aber auch in der Prosa (bei Flaubert, Proust, Valéry,Joyce,Karl Kraus, Musil, Arno Schmidt, Beckett) dominant. 

Anders das Sprechen der Medien als Nachrichten- und Meinungsmedien, die sich zunächst im Kontext  von Pressefreiheit und damit von Aufklärung zeigen, der Sphäre, in der sich Vernunftphilosophie und Positivismus begegnen. Pressefreiheit ist zuerst nichts anderes als die Freiheit der Druckerpresse, die im Zusammenhang der Aufklärung funktionieren soll, und zwar derart, daß sich der individuelle Autor auf diese Weise gegenüber den Mächtigen und ihren Institutionen behaupten, ja möglicherweise durchsetzen kann. Steht also bei der Pressefreiheit zunächst der individuelle Autor als Buchautor im Zentrum, so verschiebt sich mit dem Aufkommen von periodischen Nachrichten- und Meinungsmedien die Bedeutung von Pressefreiheit auf jene, bedeutet also nun nicht so sehr die Freiheit der Verbreitung von Schriften individueller Autoren, sondern  die der Verbreitung von Medien.

Die  binden sich als Nachrichtenmedien schon gegen Ende des 18. und zunehmend im 19. Jahrhundert an die Auffassung vom Faktischen, wie sie der Positivismus postuliert. Das hat unmittelbaren Einfluß auf das Sprechen der Medien, insofern sie damit Sprache als Instrument zur Verbreitung von Nachrichten als dem Erscheinen von (in irgendwelchen Zusammenhängen als relevant behaupteten) Tatsachen verstehen. Da das Medium der sich herausbildenden Tages- und Wochenzeitungen aber nicht allein Nachrichtenmedium, sondern auch Meinungsmedium sein will, soll die als Instrument verstandene Sprache nicht nur das Tatsächliche transportieren, sondern auch dessen Gegenteil, nämlich das Subjektive. Damit verbindet sich mit der Vorstellung der modernen Presse nicht nur die Vorstellung einer Instrumentalisierung der Sprache schlechthin , obwohl diese doch gerade in die Phase ihrer autonomen Universalität eingetreten ist, vielmehr verbindet sich diese Instrumentalisierung sowohl mit dem Tatsachenbegriff des Positivismus wie mit dem Subjektbegriff des Idealismus, eine Verbindung  sehr prekärer Art.

Die Instrumentalisierung der Sprache hat im Zusammenhang der Medien zwei Aspekte: den der Instrumentalisierung der Sprache überhaupt und den der Instrumentalisierung zugunsten der Medien als Nachrichten- und Meinungsmedien. Die Instrumentalisierung der Sprache ist natürlich kein Phänomen, das allein in den Medien zu finden ist. Seitdem die Tatsachen die bestimmende Qualität der Realität geworden sind, also sagen wir historisch: seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, scheint die Sprache gar keine andere Funktion mehr zu haben, als Instrument der Tatsachendarstellung zu sein. Zwar wirken randhaft von der Theologie, manchmal noch von der Philosophie, vor allem aber von der Literatur her andere Vorstellungen von der Sprache auf unser Bewußtsein ein: nämlich, daß unsere Weltvorstellungen, Zielvorstellungen, Sinnauffassungen nicht mittels der Sprache bloß transportiert werden, sondern in ihr und durch sie sich erst ergeben. Aber gleichzeitig und mit wachsendem Erfolg  postulieren Wissenschaften, politisches Handeln, Wirtschaft und Sport, daß Sprache einzig als Dienerin der Tatsachen zu gelten habe. 

Die Instrumentalisierung der Sprache zugunsten der Medien potenziert die generelle Instrumentalisierung der Sprache . Sie geht bereits von der Voraussetzung der Tatsachenrealität aus und weist der Mediensprache drastisch den Platz an, jene als  Nachricht zu transportieren. Doch basiert dies auf dem Trugschluß, man habe die Sprache als Instrument ganz und gar in der Hand, könne sie beherrschen. Die tatsachenorientierten Medien wissen nicht, daß die Sprache eine eigene Kraft ist, die als geschichtliche nicht schlechthin verfügbar gemacht werden kann, wie es Wittgenstein und der Wiener Kreis eine Zeitlang irrtümlich glaubten. Hinzu kommt aber noch die gewissermaßen subjektive Sezession von der Tatsachenwelt in Gestalt der sogenannten Meinung. Die instrumentalisiert die Sprache, indem sie sie als Ausdruck des vom Subjekt beliebig Entworfenen jenseits ihrer Tatsachendienstbarkeit versteht. Auch dabei wird nicht begriffen, daß die Sprache als ihre Geschichte der willkürlich-subjektiven Äußerung immer schon voraus ist. Die doppelte Instrumentalisierung der Sprache in den Medien offenbart den grundsätzlichen Irrtum, Sprache transportiere einerseits exakt Tatsachen, andererseits sei sie Vermittlerin einer willkürlichen Subjektivität. 

Beides zusammen  können die Medien nicht haben. Vor allem aber können sie nicht, indem sie sprechen und eben nichts anderes tun können als sprechen, beides als bloßen Transport von Nachricht oder Meinung ausgeben. Die Mitteilung der Nachricht wie die Mitteilung der Meinung sind als solche immer schon die Sache selbst, weil diese ja nur als Sprache dem menschlichen Bewußtsein vorhanden ist.

(Wird fortgesetzt)

  

(nach oben)

  

Reichtum der Jugendsprache

oder

Universallexikon ihrer wichtigsten Lexeme und Redewendungen

  

echt

irgendwie

sportlermäßig

super

total

  

cool

  

stehen auf

  

Scheiße

Supertyp

  

ich denk mal

und alles

und so

voll locker

...

...

Hausratversicherung

...

...

Einsamkeit

  

  

VON DEN KIRCHEN

  

Dialog mit einem Kardinal

 

 

11.Oktober 2004

S.E.

Joachim Kardinal Meisner

Erzbischof von Köln

  

Marzellenstr.52

50668 K ö l n

  

  

Eminenz,

sehr geehrter Herr Erzbischof,

  

vorausschicken darf ich, daß ich Ihnen als mir nahezu völlig Unbekanntem schreibe. Ich erinnere mich nur schwach daran, daß seinerzeit bei der Besetzung des erzbischöflichen Stuhls in den Medien von Problemen die Rede war. Auch weiß ich, daß Sie als sogenannter Konservativer gelten, was mich aber eher für Sie einnimmt, obwohl ich mit der Katholischen Kirche, auch als Angehöriger einer Evangelischen Landeskirche, kaum etwas zu tun habe.

Das Folgende ist also weder durch persönliche Vorbehalte noch durch ideologische Differenzen geprägt, sondern sucht allein den Casus im Auge zu behalten, den ich vortrage.

Bei Gelegenheit der Affäre, die im Bistum St Pölten seit einiger Zeit ansteht, informierte ich mich auf der Homepage des dortigen Diözesanbischofs über dessen Auffassung. Ich nahm zur Kenntnis, daß hier offenbar noch vieles ungeklärt ist und traf dann auf den Namen des ehemaligen Wiener Erzbischofs Kardinal Groër, der inzwischen verstorben ist. Ich erinnerte mich, wenn  auch nicht sehr genau, der Vorgänge, die zu dessen Demission als Erzbischof geführt hatten. Ich las nun, daß nach dem Zeugnis österreichischer Bischöfe (Erklärung vom 27.2.98) es nicht mehr umstritten ist, daß der verstorbene Kardinal sich sexuelle Übergriffe auf ihm Anbefohlene hat zuschulden kommen lassen, daß er selbst sich nicht gegen diese Beschuldigungen verwahrt, sich aber auch nie klar zu seiner Schuld bekannt hat und daß der Apostolische Stuhl ihn nur deshalb nicht von seinem Amte entbunden hat, weil Groër von sich aus um seine Demission eingekommen war.

Dies alles ist vor dem Hintergrund zahlreicher ähnlicher Fälle in Österreich, Europa und Nordamerika zu sehen, Fälle, die bei der Katholischen Kirche große Betroffenheit auslösen müssen, einmal weil sie im Gegensatz zu den zeitgeistigen Auffassungen seit langer Zeit eine große Rigidität in sexuellen Fragen vertreten hat, aber ihre Repräsentanten die von ihr selbst gesetzten Normen oftmals nicht eingehalten haben, zum anderen, weil es sich fast durchweg um Fälle von Abhängigkeit handelt, die in besonderer Weise schmachvoll sind. Auch hat die Katholische Kirche offenbar bisher keine Fähigkeit gezeigt, mit solchen Fällen offen und selbstkritisch umzugehen.

Wie immer: Mir begegnete auf der Homepage der Diözese St Pölten die von Ihnen, Herr Kardinal, am 5.April 2003 gehaltene Predigt „beim Requiem von Hans Hermann Kardinal Groër“, und ich las darin die folgenden Sätze:

„Kardinal Groër war es beschieden, wie Simon von Cyrene dem Herrn auf dem Kreuzweg zu folgen. Er war ganz eingetaucht in das bittere Leiden Jesu, das ihn aber vor der Verbitterung schützte...Gerade dadurch [nämlich durch seine Verbundenheit mit Maria] ist er vielen Menschen unterm Kreuz zu einem kompetenten Leidensgenossen geworden./ Wie viele Menschen aus Nah und Fern kamen zu ihm, um Wegweisung für ihr Leben zu erbitten. Gerade die Mühseligen und Beladenen...fanden in ihm einen Priester und Bischof, einen Christen und Bruder, der ganz auf ihrer Seite stand und ihnen in geistlicher Autorität Wegweisung schenken durfte...’Selig, die Toten, die im Herrn sterben...denn ihre Werke begleiten sie’ (Offb 14,13), sagt die Schrift./ Wir müssen am Sarge von Kardinal Groër in Maria Roggendorf gar nicht viele Worte machen. Die Tatsachen sprechen für sich..../ An seinem Sarg haben wir wirklich mehr Grund zum Danken als zum Klagen. Kardinal Groër war nicht der Mensch mit einer robusten Natur oder einer dicken Haut, sondern er war sehr leicht verwundbar und verletzbar. Darum haben ihn die Geschehnisse in seiner letzten Zeit als Erzbischof von Wien tief verwundet, ja stigmatisiert. Seit jenen Tagen ging er als Gezeichneter, als Verwundeter, ja als Stigmatisierter seinen Lebensweg weiter.“

Man ist zunächst nur sprachlos. Ein Mann wird Erzbischof von Wien, er wird ins Kardinalskollegium erhoben. Man verleumdet ihn nicht, sondern sagt ihm Dinge nach, die bald als erwiesen gelten und die natürlich von besonders negativer Bedeutung dann sind, wenn sie auf einen Bischof und Kardinal zutreffen. Der Betroffene kann den Vorwürfen offenbar nicht entgegentreten, aber er hat auch nicht den Mut, sie auf sich zu nehmen. Diese Vorwürfe sind besonders gravierend darum, weil sie offenbar den früheren Lehrer Groër betreffen, und zwar einen katholischen, wohl auch als besonders fromm geltenden Lehrer. Als dieser Mann Bischof werden sollte, konnte er dies ablehnen. Statt dessen hoffte er offenbar, es möchte nichts an den Tag kommen.

Kurz: Was nur durch ein nachdrückliches „Mea culpa“ und ein ganz stilles Beiseitetreten hätte ‚bewältigt’ werden können, wurde weder von der Kirche noch von dem Betroffenen auf eine ehrliche Art aufgenommen, vielmehr durch eine Requiemspredigt in eine Perspektive geschoben, die völlig unakzeptabel ist. Denn nicht mit einem Wort wird erwähnt, um was es in Wahrheit bei den erwähnten „Geschehnissen“ ging. Vielmehr wird auf eine raunende Weise insinuiert, hier sei ein nobler Mann ‚verwundet und verletzt’ worden. Und es werden nun in peinlich unangemessener Weise Parallelen zum Leiden Christi hergestellt, ja Groër wird mit dem Kreuzträger Simon verglichen.

Konnten Sie derlei mit vollem Bewußtsein sagen? Sind Sie sich überhaupt nicht über die Kontexte klar, wenn Sie ausgerechnet bei diesem Mann von „geistlicher Autorität“ sprechen? Und merken Sie nicht, was Sie sich selbst antun, wenn Sie sagen: „Die Tatsachen sprechen für sich.“ Das ist ja auf schreckliche Weise wahr, aber Sie meinen es natürlich ganz anders. Ein gleiches passiert Ihnen, wenn Sie die Offenbarung Johannis zitieren mit: „denn ihre Werke begleiten sie“. Alles das könnte ein Zyniker, der die Kirche treffen will, nicht schlimmer formulieren. Doch Sie wollen aus dem Fundus von Evangelium und Kirche dem Verstorbenen nicht [nur]etwas Lösendes zusprechen, sondern Sie muten Ihren Zuhörern zu, jenen als eine Art Märtyrer zu verstehen, als habe er nicht nur keine Verantwortung für sein Handeln, sondern als sei dieses Handeln vorbildlich gewesen, aber mißverstanden worden.

Nein, so etwas darf man weder als Laie noch als armer Leutpriester tun, aber schon gar nicht als Kardinalerzbischof, der mit solcher Rede zurecht Wasserfluten auf die Mühlen derjenigen lenkt, die längst gewußt haben, daß die hierarchische Rhetorik vor keinem fälschenden Zungenschlag zurückschrickt.

Daß Sie auch Ihrem Amtsbruder Groër Barmherzigkeit zusagen ist Ihr gutes Recht. Aber niemals darf diese Zusage erkauft werden durch falsche Predigttöne und durch das Zinken von seien es nun heiligen, seien es heilsamen Texten.

  

Mit vorzüglicher Hochachtung bin ich Ihr sehr ergebener

  

  

(Univ.-Prof.Dr. Helmut Arntzen)

  

  

Kardinal Meisner antwortete sehr rasch, nämlich schon am 18.10.04.

Er schrieb mir, daß meine „Information im Internet bezüglich Kardinal Groër keine authentische Quelle über den wahren Sachverhalt ist“. Meine „daraus gezogenen Konsequenzen“, die sich auf seine Predigt „bei der Beerdigung beziehen“, hätten „kein fundamentum in re“.

Auch sei „keiner der österreichischen Kollegen“ bereit gewesen, Kardinal Groër „ein Wort der Würdigung zu widmen“.

  

(nach oben)

  

Darauf antwortete ich dem Kardinal Meisner:

  

  

                                                                                        11.November 2004

  

Eminenz,

sehr geehrter Herr Erzbischof,

  

für Ihr Schreiben vom 18.Oktober habe ich Ihnen zu danken. Sie teilen mir darin mit, daß meine „Information im Internet bezüglich Kardinal Groër keine authentische Quelle für den wahren Sachverhalt ist...“

Damit meinen Sie, Herr Kardinal, sicher nicht irgendeine Information aus dem Internet, also z.B. Meldungen von Zeitungen oder ähnliches, die ich mir als solche auch nie ohne Prüfung zu eigen mache.

Vielmehr kann es bei Ihrer Bemerkung nur gehen um die von mir ausdrücklich erwähnte Erklärung Ihrer Confratres Eder, Schönborn, Weber und Kapellari vom 27.2.1998, die bis heute, also seit über sechseinhalb Jahren, von „Kathweb“, dem „elektronischen Informationsdienst der Österreichischen Katholischen Presseagentur KATHPRESS“, ins Netz gestellt bleibt.

Sie werden mein Erstaunen verstehen, daß Sie diese Erklärung, die ausdrücklich als „Bischöfliche Erklärung“ bezeichnet wird, als nichtauthentische Quelle für den wahren Sachverhalt ansehen.

Ein Außenstehender muß selbstverständlich diese Quelle, so lange ihr nicht mit Autorität widersprochen wird, als für den wahren Sachverhalt hinsichtlich des Kardinals Groër aussagekräftig betrachten.

Die Erklärung sagt ja zunächst,daß die Kirche „eine anspruchsvolle Sexualmoral“ verkünde. Dem wird man nicht widersprechen können.

Sie sagt dann, daß ein Bischof, dem Verfehlungen in dem genannten Felde zur Last gelegt werden, die Pflicht habe, entweder „unzweideutig“ zu sagen, „daß er unschuldig ist,oder öffentlich um Vergebung zu bitten“.Ich sehe nicht, daß diesen Ansichten widersprochen werden kann.

Die Erklärung stellt weiter fest, daß der verstorbene Kardinal „keine der beiden Möglichkeiten deutlich ergriffen“ habe. Auch mir ist nicht bekannt, daß er bis zu seinem Tode sich so oder so geäußert hat. Sollte das aber doch der Fall sein, so müßte ja mit Nachdruck der Bischöflichen Erklärung widerstritten werden.

Das gilt erst recht für den Teil der Erklärung, in dem in Vollmacht des Amtes und in persönlicher Überzeugung gesagt wird,„daß die erhobenen Vorwürfe im wesentlichen zutreffen“.

Wenn Sie, Herr Kardinal, der gegenteiligen Ansicht sind, dann müssen Sie das doch um des Rufes des Verstorbenen willen, um des Ansehens Ihrer Kirche und vor allem um der Wahrheit willen mit lauter Stimme sagen.

Erst dann würden ja auch die von mir zitierten Stellen Ihrer Predigt zum Gedenken des Verstorbenen begreifbar, ja sinnvoll.

Eine private Mitteilung jedenfalls, daß insbesondere der genannte Teil der Bischöflichen Erklärung „keine authentische Quelle für den wahren Sachverhalt ist“, kann doch nicht annähernd genügen.

Mit der Bitte, dies angelegentlich zu bedenken, bin ich mit 

  

freundlichen Grüßen Ihr sehr ergebener

  

  

(Univ.-Prof.Dr.Helmut Arntzen) 

  

Darauf antwortete der Kardinal Meisner nicht.

  

  

VOM THEATER

  

Theater in Wien

  

Es ist ja so: Kommt man wieder einmal nach Wien, geht man davon aus, daß  das Burgtheater das theatralisch Wichtigste im deutschen Sprachbezirk ist. Daneben natürlich die Staatsoper, beides Ringstraßeneinrichtungen, wichtiger eigentlich als Parlament und Ballhausplatz. Hinzu kommt die persönliche Erinnerung daran, daß man vor dreißig Jahren von der Burgtheaterbühne herab gesprochen hat, was sogar bei dem einen oder anderen Spuren hinterließ. Dann zählt noch das Theater in der Josefsstadt, meint man.

Aber das sind natürlich ganz konventionelle Haltungen. In Wahrheit ist hier alles so chaotisch wie überall sonst: die Spielpläne, die Inszenierungen, die Schauspieler.  Man sitzt nur in einem historischen Ambiente, blickt in ein Treppenhaus des 19. Jahrhunderts.Aber es ist wie in einem gotischen Dom, in dem sich ja auch längst die Torheit der heutigen Zeit austoben kann, wenngleich hier nicht ein großer Baustil , sondern  historistischer Eklektzismus sich zeigt, der einen in der Jugend sogar rasend machen konnte, jetzt aber die versteinerte Erinnerung an die große Zeiten des Theaters ist.

Gespielt wird „Don Carlos“, inszeniert von Andrea Breth, die gerade wieder gesagt hat, es stehe schlimm um  das Theater, um das der klassischen Texte zumal, die bald keiner mehr verstünde. Wie recht sie hat, obwohl sie doch selbst -wie an diesem Abend - mitschuldig ist an diesem Zustand. Der Zustand besteht darin, daß eine Gruppe von Regisseuren dafür sorgt, daß anhand eines dramatischen Textes, eines großen oder eines nichtigen, private Einfälle durch Ausstellung auf der Bühne für verbindlich erklärt werden, dagegen der Text selbst für so unverbindlich, daß der Schauspieler sich gar nicht mehr bemühen muß, soll, ihn dem Ohr verständlich vorzutragen, was wiederum für eine Reihe von Theatermachern seit den sechziger Jahren auch richtig ist. Nicht aber für die Dramatik von Shakespeare bis Brecht (eingeschlossen die schon schwächeren Versuche von Frisch und Dürrenmatt, eingeschlossen als Ausnahme einige Versuche von Botho Strauß.)

Also „Don Carlos“ „Die Presse“ schreibt: hervorragende Aufführung. Das Publikum ist völlig einverstanden. Was sieht man? Man sieht auf ein Bühnenbild, das aus Verwaltungscontainern besteht: „Königlicher Palast zu Madrid“, Vorher Aranjuez, Hof der Königin: weiße Ledersessel in Reih und Glied vor einem Fernsehgerät. Aha, Übersetzung von Bürokratie und Landsitz. Die Damen und Herren Schauspieler: gewandet in späten Ibsen und ähnliches. Herein Marquis Posa, Mantel über dem Arm (in Aranjuez, im Zimmer?), den er sich später umlegt. Aha, Verhüllung. Der berichtet aus Brüssel, von wo er gerade gekommen. Aber wozu diese langatmigen Ausführungen, da ja die spanische Tagesschau alles längst gemeldet hat? Der „Ritter“ kippt ständig Mineralwasser - die Flasche trägt er bei sich - in den Schlund. Aha: was? „Marquis – er wird doch nicht – Hier ist erschon.“ Carlos hüpft über die Sessel zu Elisabeth. Seine Leidenschaft gestattet ihm nicht, an ihnen vorbei zu gehen. 

Und so geht es  nun den ganzen Abend. Am Ende kommt Frau Elisabeth Orth mit Hut und figuriert den Großinquisitor. Aha, bei Rollen ist Geschlechterwechsel Übung seit mehr als dreißig Jahren.  Aber was sie so sagen, kann man, von dem einzigen Philipp Hauß als Carlos abgesehen, nicht verstehen. Auch nicht bei dem Philipp des Sven Eric Bechtolf, bei der Großinquisitorin der Elisabeth Orth. Oder nur dann und wann einmal. Und das auf der größten deutschen Sprechbühne. Und  bei einer Regisseurin, die für die Klassiker eintritt und sich Gedanken macht.

Sie müßte sich sagen: anfangen muß alles damit, daß der ganze Firlefanz von Ausstattung (Bühnenbild, Kostüme) auf den Müll geworfen wird. Statt dessen gibt es sehr reduzierte Hinweise aufs Historische, meinetwegen  „gebrochen“, also (imaginierte) Zeit des Dramas, (reale)Zeit der Entstehung, aber um Himmels willen Schluß mit diesen albernen ‚Vergegenwärtigungen’, als könnten sich die nicht dort abspielen, wohin sie gehören: in den Köpfen der Zuschauer. Dann müßte der Text wieder deutlich artikuliert werden, nicht vernuschelt, nicht alltagssprachlich verschluckt, sondern in deutlichem Gegensatz zu dem Geschwätzparlando in Haus, Büro, Redaktion und Parlament. So ginge es los, wenn man - endlich, endlich - ans Ende des Theaters der Verblödung kommen will.

Derweil muß man sich mit Randerscheinungen begnügen wie dem Kaiserjubiläumstheater , in dem heute die Volksoper untergebracht ist. Das hört sich verdächtig an, aber es ist nur das staatliche Operettentheater, das auch für die Spieloper des 19. Jahrhunderts zuständig ist. Dort kann man nicht allzu viele Faxen machen, solange jedenfalls die alten Damen theatralisch versorgt werden müssen, die schon mit Offenbachs „Blaubart“ Schwierigkeiten haben, weil es eben nicht Johann Strauß oder Léhar ist. So sind sie, neben dem Spielplan, nehmt alles nur in allem, ein Schutz. Dadurch kann Theater wieder werden, was es landläufig längst nicht mehr ist: sozusagen Hort der Utopie. Nicht indem es sie verkündet, sondern indem es sie, sei es als Satire, sei es als Freundlichkeit, erscheinen läßt. Geht das bei einer vergessenen Angelegenheit wie Kálmans „Herzogin von Chicago“ von 1928, in der der Meister eine Synthese von österreichisch-ungarischer Operette und Jazz  betreiben wollte? Der junge Adorno wollte derlei, als es in Deutschland auftauchte, und zwar zu Anfang der Nazizeit, „ausmerzen“ lassen zugunsten von Mahler. Das mißlang natürlich, aber er bediente im Wort seine und Kálmans Feinde auf schlimme Art. Es ist natürlich ein Schmarrn, aber auch etwas, was schon an Musical gemahnt und in dem das ganze Glück und Elend Europas kurz vor dem Ersten Weltkrieg und in den zwanziger Jahren zusammengebunden ist. Was bei Horváth aufgebrochen wird, präsentiert sich hier noch einmal. Aber mehr noch als 1928 oder 1932 ist es nach der Verelendung des deutschen Theaters seit 1968 ein Widerspiel, in dem man, anders als im „Carlos“, nichts zu verstehen braucht und in dem alles so aussieht, wie es nie war, aber heute jedes Hotelfoyer aussehen will.

Und noch schöner ist  „Martha oder Der Markt von Richmond“ von Friedrich von Flotow, ein Glanzstück des Stadttheaterspielplans bis in die zwanziger Jahre, als platt allerdings schon von den Opernführern dieser Zeit denunziert.Wenn auch der englische Regisseur im Programmheft sich bemüht, Soziologisches vorzutragen, so zeigt er  Schloß und Bauernhaus, Wiese und Park dennoch  in schönen Farben, mit Chören, denen es gut geht, und Solisten, die noch auf ihren Gram „Letzte Rose“ anstimmen. So soll es vorläufig sein auf dem Theater. Denn wenn wir schon von diesem Geschlecht keinen „Lear“ und keinen „Wallenstein“ mehr erwarten können, so halten wir uns eben an die Volksoper und an Kálman und Flotow und an geläufige Gurgeln. 

  

  (nach oben)

  

VON DER GESCHICHTE

  

Frédéric

Johannes Kunisch, Friedrich der Große. Der König und seine Zeit. München: Beck 2004

  

Aus den letzten 25 Jahren verzeichnet Kunisch vier Friedrich-Biographien: die von Mittenzwei, Schieder, Aretin und Duffy. Bis auf Mittenzwei nennen auch sie den Portraitierten (wieder) Friedrich den Großen, was ja eine Zeitlang sozusagen verboten war, obwohl die anderen „Großen“, etwa Alexander oder Peter, selbst Karl weiterhin diesen Zusatz erhielten. Als Umschlagportrait nutzt Kunisch (und der Verlag) übrigens des hochbedeutenden Anton Graff Brustbild, natürlich in der Art der Zeit idealisierend, aber gleichzeitig außerordentlich charakteristisch.(Ist es nicht das Bild, das Hitler mit in den Bunker nahm, als könne er ihn dadurch als Vorgänger reklamieren? Eine Attitude übrigens, die unter den zahlreichen Übernahmen aus der Nazi-Zeit festzuhalten ist, nicht wegen des Bunkers, wohl aber wegen des Versuchs, die eigene Kümmerlichkeit durch derlei Analogiezwänge aufzuwerten.)

Meine Generation war die letzte, der jedenfalls in früher Jugend der König noch als überlebensgroße Gestalt vorgehalten wurde, nicht so sehr durch seine Schriften oder nennenswerte Geschichtswerke, vielmehr durch Küglers, in Menzels zeichnerischen Beiträgen aufgewertete Populardarstellung, v.a. aber durch die Filme Otto Gebührs, der längst der eigentliche König war und dessen letzte Variante „Der große König“ hieß, von Harlan inszeniert und vom Elfjährigen 1942  im Gloria-Kino (wie passend) unter heißen Tränen rezipiert.

Kunischs, des emeritierten Ordinarius aus Köln, Friedrich-Biographie ist kein großes Buch, obwohl es von der landläufigen Kritik wahrscheinlich als solches gefeiert wurde.Bei dem unsäglichen Mist, der heute in den „schönen Wissenschaften“ auf dem Buchmarkt ausgestreut wird, ist das nicht einmal verwunderlich. Doch verzettelt sich Kunisch  in Quisquilien der Kabinettspolitik des 18. Jahrhunderts.Allzu sehr versteht der Verfasser dies als „seine Zeit“: die Denkschriften der Hofburg, aus Versailles, auch aus Petersburg, obwohl er sie gleich wieder als die üblichen Spielereien der Epoche, die selten genug zu etwas führten, charakterisiert. Dem Trend zur Sozialgeschichte verschließt er sich fast völlig, was heutzutage oft verdienstvoll sein kann, aber hier bedeutet, daß wir von „seiner Zeit“ als dem Alltagsleben der Brandenburg-Preußen sehr wenig erfahren.(Ein Exkurs über „Land und Leute“ist ziemlich konventionell.) Skizzen des im Feld unter seinen Soldaten kampierenden Königs sind schon das Weitestgehende.

Das Ganze ist etwas pedantisch geraten, was einerseits bedeutet, daß man den Eindruck hat, sich auf Details wie auf politische Zusammenhänge verlassen zu können, was erfreulich ist. Aber dadurch mangelt es an weiteren  Perspektiven. Wenn Kunisch die späten Begegnungen Friedrichs mit Mirabeau treulich verzeichnet, so spielt der Umstand, daß es die Begegnung mit einem der frühen Hauptakteure der Revolution war, kaum eine Rolle. Und obwohl  der Verfasser für die Beratung durch einen kunsthistorischen(freilich keinen musikhistorischen) Kollegen dankt  (die Kulturwissenschaftler werden seit einiger Zeit durch die Historiker stärker als früher zu Rate gezogen), kommt die Begegnung Bachs mit Friedrich im Jahre 1747 gar nicht vor.

Aber das schreckliche Trauma, das aus dem Verhältnis Vater-Sohn stieg, wird ausführlich und nachdenklich vorgetragen. Und es wird klar, wie sehr es dazu beitrug, trotz Friedrichs Philosophenhaltung, trotz  seines Aufklärertums, trotz des Anti-Macchiavell gleich nach der Thronbesteigung das österreichische Schlesien zu überfallen. Denn wie soll sich ein König, einer des 18. Jahrhunderts zumal, anders als durch gloire von den Demütigungen  durch den Vater befreien, Demütigungen übrigens, die den Vater auch schwer belasteten, so daß es am Ende seines Lebens zur Versöhnung kommt, die aber für den Sohn nicht alles ungeschehen machen konnte.

Ja, dieser Überfall eines König-Philosophen, eines Aufklärers zeigt die Dialektik der Aufklärung, die traurige Aufklärung: Alles muß der Herrschaft des vernünftigen Königs unterworfen werden. Er zeigt auch die Schrecken der Individuation. Friedrich muß sich beweisen, er muß zeigen, daß er anders ist als die anderen, und sei es durch Krieg.

Das ganz und gar Groteske ist, daß er mit dem Überfall auf Schlesien sich festgelegt hat. Er muß diesen Besitz behalten („Sie gönnen mir nicht die Grafschaft Glatz“), will sagen: der Siebenjährige Krieg ist direkte und zwangsmäßige Folge jenes Anfangs,  und eben diese Folge macht ihn zum „Großen“. Kunisch spricht davon, wie sehr Schlachten, denen das ancien  régime bereits aus dem Wege ging, (vielleicht gerade darum) als persönliche Leistungen anerkannt waren. Es ist, als solle das heroische Zeitalter in die Aufklärung hinübergezogen werden. Daß dieser Siebenjährige Krieg, an dessen Ende nur die Bestätigung des ersten Raubes steht, das politische Ereignis der Aufklärung ist, umstanden von deren Repräsentanten Voltaire, d’Alembert, Lessing, Mendelssohn e tutti quanti, stellt der Epoche kein glänzendes Zeugnis aus. Da hatte der nichtaufklärerische, empfindsame Claudius ein ungleich sichereres Gespür, wenn er sein „Kriegslied“, sein Antikriegslied von 1779, längst nach dem  Siebenjährigen also, mit der Strophe begann: „ ’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,/Und rede du darein! / ’s ist leider Krieg – und ich begehre/ Nicht schuld daran zu sein!“ (Welches „leider“ Karl Kraus den stärksten Komparativ  deutscher Literatur nannte.) Friedrich hat erst nach Kunersdorf, als es so schlimm wie nie um ihn stand, vergleichbare Überlegungen angestellt: Da wollte er suicide begehen, aber um ihn lagen die, die gern weitergelebt hätten. 

Es sagt etwas über die Kategorie des politischen Handelns, daß ein roi connétable, ein Feldherr-König, der Friedrich war und sein wollte, eben  in Schlachten zu sich selbst kam, obwohl doch zumindest dieser wußte, wie wenig die Siege, die oft der Zufall brachte oder verhinderte, letztlich leisteten. Und wir wissen, daß die zentrale Leistung der Friderizianischen Kriege, nämlich Preußens Großmachtstellung, keine so überragende historische Leistung ist. Aber, muß man sofort hinzufügen, wenn Preußen  vom roi philosophe regiert worden wäre, was wäre bei den Machtverhältnissen der Zeit aus dem Land geworden: mehr als ein bürgerliches Handelsgebilde unter einer Adelsverwaltung und mit einem kleinen Kreis von Gebildeten? Friedrich dachte wohl, wenn er die kriegerischen Auseinandersetzungen hinter sich habe, könne er ein aufgeklärtes Staatswesen etablieren.

Aber er kehrt aus den Kriegen , vor allem dem Siebenjährigen, als Enttäuschter zurück, aus letzterem als „Alter Fritz“ bereits, gerade 52, doch schon gebeugt, gichtig. Er ist äußerst pflichtbewußt, der Staat ist sein Idol, wodurch er sich dem Vater annähert, er versucht das Land, das viel gelitten hat, zu „retablieren“, er beginnt das Justizwesen zu reformieren. Aber seine kühnsten künstlerischen Leistungen: Sanssouci, die Oper in Berlin gehören schon der frühen Regierungszeit an, jetzt, so jedenfalls Kunisch, wird er in seinen künstlerischen Überlegungen und Unternehmungen eher konventionell. Das Neue Palais wird als Beispiel eines auf schiere Repräsentation abstellenden Schlosses gesehen. Darüber könnte man freilich streiten. Es scheint mir doch eher Zurückhaltung und Würde auszustrahlen.

Der Ruhm ist gefestigt. Soldaten und kleine Leute verehren ihn unter diesem seltsam schillernden Namen des „Alten  Fritz“, mit dem sie ihn ganz nah heranholen als einen der ihren, der er ja überhaupt nicht ist. Er ist nicht tümlich. Aber auch die Intelligenz  erhebt ihn. Er wird offenbar als ein völlig anderer denn die anderen Souveräne Europas empfunden. Aber er zieht sich immer mehr in die Einsamkeit von Sanssouci zurück, ist sarkastisch, was man ihm nicht nachsieht, verwahrlost in seinem Äußeren, hat in den letzten Wochen und Tagen einen Leibhusaren als Diener, kann längst keine Musik mehr machen, hat seine Hunde um sich, die er auf der Terrasse begraben läßt, wo auch er begraben werden will. Das verweigert ihm sein Nachfolger, den er als Faulenzer disqualifiziert, über dessen Sukzessionsrecht aber keinerlei Zweifel für Friedrich bestehen.Doch hält er überhaupt nichts vom Gottesgnadentum, ist dem Atheismus ganz nah, obwohl er doch, was Kunisch nie erwähnt, der summus episcopus des Königreichs ist.

Er ist mit Voltaire, d’Alembert, schließlich Mirabeau umgegangen, hielt aber nicht das geringste von der deutschen Literatur. Welch seltsamer Mann. Schon überholt von seinem Zeitalter und diesem dann wieder voraus. Philanthropisch gesinnt und mit tiefem Mißtrauen gegenüber den Menschen. Sich und andere zur Heiterkeit des Geistes ermahnend, aber ganz und gar pessimistisch. Der Größte seines Geschlechts, mit dessen keinem er irgendeine Verwandtschaft hatte. Was war an ihm groß? Wohl seine völlige Unbestechlichkeit anderen gegenüber, vor allem aber sich selber.

  

  (nach oben)

  

VOM (EINSTIGEN) LEBEN

  

1951

  

„Exsultate jubilate“ mit Annelies Kupper, Hindemiths Lieder aus dem „Marienleben“ und Bruckners siebente Sinfonie zu Anfang des Jahres.- Wagners Musik sei „trotz aller Pracht“ „unwahr“. Das Adolf-Busch-Quartett spielt Brahms, Beethoven, Mendelssohn: „Busch drängt sich keinesfalls auf.“

  

Lektüre von Stifters „Bergkristall“, das „schöne Stellen“ habe, aber mir doch „zu gedehnt“ vorkommt, „Abdias“ wird als „intensiver“, Flauberts „Salambo“  als „eindrucksvoll“ bezeichnet, als  „farbig, echt, groß und sehr, sehr gekonnt“, es gehe aber nicht „tief ein“. Mit „wachsender Spannung“ wird Bernanos’ Roman „Unter der Sonne Satans“ gelesen: Satan habe „unbedingte Realität“. Der Priester stehe auf verlorenem Posten. Es gebe keinen Erfolg. Der Heilige, der nichts mit einem frommen Mann zu tun habe, werde körperlich zerstört, aber der Geist ruhe „in Gott“. „Stopfkuchen“ von Raabe wird ebenfalls sehr gelobt: eine Mordgeschichte, aber dennoch „klar und ruhig“. In Stifters „Brigitta“ sei alles reif: „Landschaft und Mensch, Mensch und Liebe“.

  

Eine Aufführung von Giraudoux’ „Irrer von Chaillot“.Etliche Leute hätten nichts mit dem Stück anfangen können, andere suchten „stur –deutsch das Problem“. Es sei ein „großes Märchen voller Ironie, voller Resignation“.Die Figuren seien „keine Shaw-Gestalten, umgekehrte Vernünftler also...nein, sie sind wirklich irr und voller Güte“. Die Aufführung wird „sehr konzentriert und gleichzeitig bewegt“ genannt, der Beifall „dumpf und dumm“.

Der Film „Der Hauptmann von Köpenick“ [mit Max Adalbert] von 1931 wird gelobt: „prachtvolle Charakterisierung jeder Rolle...Heute erdrücken uns Stoff und Aufwand“.

„Die Versuchung des Pescara“ von C.F. Meyer gelesen: „großartiges Gemälde“, „aber letztlich doch etwas kalt“, „Der Heilige“ sei bedeutsamer, das „beste von Meyer“. Storms „Psyche“ wird als „barer Kitsch“ bezeichnet.

   

Konzerte mit Honegger, Händel, dann  mit Resphigi, Dvořák (Solist Vasa Prihoda, eine Gestalt wie Bählamm) und Tschaikowskijs Fünfte: „melancholisch, sentimental, süß und dramatisch“.

Ein Liederabend mit Walther Ludwig, ein Jugendkonzert [das eine Gruppe abonniert hat, die sich dann zu einem kleinen Kultur-Verein mausert].

  

Veristische Oper sei Unsinn, die Oper wirke groß, wenn sie stilisiere und überhöhe. Aufführung von Verdis „Traviata“. Der erscheine als Dramatiker bedeutender als Puccini, aber die Operettenwelt sei zu arg. Violetta und Alfred :„stimmlich beide sehr gut“ .

Naturalismus wird als zu sehr „Schwarz-Weiß-Malerei, Oberfläche“gesehen, Zerrissenheit werde nur spürbar in dem äußeren Riß von reich und arm. In den „Webern“ schaffe nicht der Naturalismus das Neue, sondern allein der Dichter Hauptmann.

  

Die täglichen Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten. Immer noch müsse man den Schüler spielen.

Erwähnt wird der „Kriegsschinken“ „Die Nackten und die Toten“ von Norman  Mailer: „Wissen wir das nicht alles zur Genüge?“ Es gebe nur „Fakta“, die „Möglichkeiten“ des Menschen finde man nicht mehr. Eine Wahrhaftigkeit, die sich verrenne; was erzählt werde, wirke eintönig und „schematisch“.

April. Die Qual eines Menschen sei für andere „nicht mehr als ein interessanter psychologischer Fall“.Von der Seltenheit echter Gedichte wird gesprochen. Man müsse sie suchen.

Bernanos’ „Tote Gemeinde“: zuerst „sehr dunkel und kompliziert“. Alles, was in der toten Gemeinde geschehe, sei ein Aufbegehren gegen die Leere. Es gehe vor allem um den alten Sprachlehrer Ouine, der der leere Mittelpunkt aller zu werden drohe. Lösungen deute Bernanos nicht einmal an.

Ausstellung von Bildern Carl Hofers: Die Menschen seien bei H. zerborstene Gefäße, manchmal noch dämonische Masken.

  

Aus der Universitätswoche wird von dem Vortrag von Carl Friedrich von Weizsäcker über das Weltbild der Physik berichtet: der Dualismus  Descartes von Materie und res cogitans habe nichts mehr mit Wissenschaft zu tun, Wissenschaft werde nur ein Weitertasten sein, niemals Ableitung von absoluter Wahrheit. Dann der Vortrag des Psychologen Willy Hellpach über beseelte, bewußte und geistige Wirklichkeit, schließlich der von Glasenapps über vergleichende Religionswissenschaft.

Etwas später spricht Heinz Hilpert über die Situation des deutschen Theaters. Gleichzeitig habe er einen  Abriß der heutigen Dramatik gegeben.

  

Wieder ein Konzert mit Liedern von Mozart, R. Strauß und Pfitzner, gesungen von Lorenz Fehenberger. Vorher die Figaro-Ouverture und Schumanns Vierte: „klangvoll und sangvoll“. Ein anderes mit Monique Haas und dem A-dur-Konzert von Mozart und den Symphonischen Variationen von C.Franck.

Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“ werden sehr gerühmt: „Spiel, Phantasie, Einfall“.  Trotz der „Unbühne“ sei es eine einfallsreiche Aufführung gewesen.

Ein Klavierabend mit Eduard Erdmann: „bei aller Kraft stets sehr zart“. 

  

Lektüre von Hofmannsthals „Märchen der 672. Nacht“, Goethes „Dichtung und Wahrheit“, in der ich manches „gedrechselt“ finde, „irgendwie unfrei“. Goethe-Essays von Hofmiller machten Lust, sich intensiver mit Goethe zu beschäftigen. 

„Bunt und barock durcheinander“ werde gelesen: Kafka, Saint-Exupéry, Goethe, Dickens. 

„’Nachtflug’ mit Spannung und Skepsis gelesen.“ „Beim Bau der chinesischen Mauer“: „Die Einsamkeit ist manchmal abschnürend. Das Mystische eigentümlich real“.Kafka gehe den umgekehrten Weg der Schreckenssymbolisten der Jahrhundertwende(Meyrink, Ewers). Alles gehe äußerlich ganz normal zu, aber daraus  steige eine Beklemmung, die Teil eines unbekannten und darum unbesiegten Wesens sei, das uns alle festhalte. „Die Pickwickier“.

Rezitationen  von Übersetzungen englischer Lyrik, Romantiker, v.a. Keats. Von Yeats werden zwei Verse zitiert: „Ihr Haar war gefaltete Blüte/ Und Stimme der Liebe ihr Schuh“.

Schlichters Essay „Das Abenteuer der Kunst“ gebärde sich formal und sprachlich „rabulistisch“, aber in den Abschnitten über die heutige Kunst gebe es Bemerkenswertes. Ich finde Verwandtes über die abstrakte Kunst. Als dekorativ akzeptierte ich viele abstrakte Sachen, hätte etliche Blätter von K.R. hängen. Schlichter sehe im Surrealismus einen möglichen Neubeginn, da er die Sinnlosigkeit unserer Welt am deutlichsten zeige. Das sei ein nicht abwegiges Argument, obwohl auch in der Art Barlachs und Hofers „eine Mahnung laut werden kann“.

  

Geburtstagsfeiern: „ein paar Stunden ganz bürgerlich und vergnügt“.Dann wieder Klage über Schwierigkeiten.

Besuch von Verwandten aus einem hessischen Dorf. Sie hätten uns in der Notzeit freundlich unterstützt.

  

Erste Begegnung mit Sartre. Sehr dichte Aufführung der „Huis clos“. Doch wenn S. lyrisch werde, wirke er geradezu banal. Aber Theaterinstinkt habe er.

Der italienische Film „Himmel über den Sümpfen“ zeige die Macht der Katholischen Kirche als Macht aus dem Gefühl. 

  

Mitte Juni ist Abschluß der Jugendkonzerte mit der Abdelazer-Suite von Purcell, Brittens „Führer durch das Orchester“, Gershwins „Amerikaner in Paris“ und einem Klavierkonzert von Menotti, nach dem wir wegen seines Eklektizismus pfeifen. [„Wir“: eine Gruppe von Abonnenten, die sich mehr und mehr als „Kulturelle Wahlverwandtschaft“ versteht und bis heute Verbindung hat.] Margot Pinter habe prachtvoll gespielt, aber es sei der Mühe nicht wert gewesen. 

  

„The Taming of the Shrew“in einer Aufführung aus Oberhausen: „quicklebendig und herzhaft“. Ernst Dietz als Regisseur und das Ensemble werden gelobt: Von solchen Aufführungen lebe das Theater. 

Von dem selben Regisseur mit Essener Schauspielern Lope de Vegas „Wer kam denn da ins Haus“: „reines Spiel, geboren aus reiner Spielfreude“.

Das gelte auch für ein Spiel von den falschen und den wahren Gesichtern mit der Tanzgruppe von Frida Holst. Anmut des Tanzes und dessen Varietät des Ausdrucks mögen größer sein als beim Wort, aber dessen Tiefe und Eindringlichkeit könne vom Tanz nicht erreicht werden. Das Unbewußte schaffe allein „die wahrhafte Tanzbewegung“, die Bewegung des Wortes verlange jedoch eine „intensive innere Entwicklung“, der Ausdruck werde präzisiert.

  

Ein Kirchenkonzert, Haydns „Schöpfung“. Frage, ob nicht zu viel an Konzerten geboten werde. Man verderbe sich die Erlebnisfähigkeit.

  

Anläßlich des italienischen Films „Morgen ist es zu spät“, der sich mit Jugendlichen befaßt, die Bemerkung, „die Erziehung sei so armselig und dumm, daß fast jeder Einsichtige“ schaudere. Die Dinge und die Menschen mit ihnen werden „unendlich verwirrt“ genannt.

  

Lektüre von Hesses „Glasperlenspiel“, das sich „zu angenehm, zu reibungslos“ lese. Die Utopie, die H. gebe, führe er selbst in der Figur des Josef Knecht ad absurdum. 

Später wird Benn gelesen: Lyrik: „Sieh, die Sterne, die Fänge“. „Beschwörung aus der Vergänglichkeit.“Gespräch mit einer befreundeten Bibliothekarin über den letzten Gedichtband „Fragmente“.

  

Aufführungen von Haydns „Apotheker“ und Mozarts „Bastien und Bastienne“: besser als jedes „veristische Operngetue“. 

  

Im Juli Fahrt ins Landheim der Schule im Bergischen Land. Besichtigung des Altenberger Doms: ein Bau „wie auf sich selbst gestellt, nicht getragen von einer gedrängten Stadt“.

Lob des Geschichtslehrers. Gespräch mit ihm: auf die Wenigen komme es an, doch die resignierten oft und seien mißtrauisch. Er nennt es gut, wenn man merke, daß man  - äußerlich – nicht so stark sei wie die Masse, der Philosoph sei nie König. Gespräch über Mitschüler und die Klasse als ganzes: Kinder und dies doch längst nicht mehr.

  

Im Kölner Dom: alles wird als  zu viel empfunden – Schatzkammer, Kapellen, Bilder, Altäre. Eine „flammende Monstranz aus dem Barock, Erdenjubel goldglänzend“, „Rausch der Form“. Eine Madonna an einer Säule dem Hochaltar gegenüber.

Abschiedsabend. Mit dem Geschichtslehrer und zwei Mitschülern danach durch die Nacht. Übereinstimmung.

Mehr als nur der Aufenthalt sei vergangen. Ewige Jugend, das wird Traum und Selbstbetrug genannt. Alle würden so früh alt und kindisch. 

Im Westerwald: Einstimmung und Wohlgefühl. Im Dorfkino: jede Szene werde kommentiert; manchmal reiße der Film. Spaziergänge: auf einem Hochsitz, Rehe beobachtet, Gedanken und Reimkombinationen. Nach Regentagen  schön und beständig. Lesen, schreiben, Gänge. Fahrt durch den oberen Westerwald: Kloster Marienstatt mit der ältesten gotischen Kirche Deutschlands(„alles ist noch gedrungen, weniger gewagt“), Hachenburg, die Residenz der Sayn-Wittgenstein: „aufgeräumt“, mit spätbarocker Pfarrkirche.

 Lektüre des chinesischen Romans „Hao kiu tschuan“, in dem Klugheit, Wendigkeit, Tugendreinheit als wichtiger gelten denn  körperliche Kräfte; aber Korruption des Beamtentums; Hemingways „Haben und Nichthaben“: Kraßheit der Darstellung, Müdigkeit, „ein Mann hat keine Chance“, am echtesten die Liebesgeschichte zwischen Morgan und der alternden Frau; Richard Hughes „Ein Sturmwind auf Jamaika“: die Entwicklung von Kindern, die unter Piraten geraten, ihre Bewußtwerdung. 

Ich hätte hier wenig mit Menschen zu tun. Die Wirtsleute: die bewanderte Frau, der brave Trottel, am Tisch eine unzufriedene Dame. Für die Jugendzeitschrift „Junges Wort“ wird eine Reimerei zu den Miß-Germany-Wahlen geschrieben. Weiterfahrt nach Heidelberg mit Verwandtenbesuchen. Auf der Rückfahrt in Bonn: als Hauptstadt provisorisch wie der ganze Staat. Im Bundeshaus  würdigten die Abgeordneten ihre Wähler keines Blickes. 

  

Im KWV-Kreis hören wir gemeinsam am Radio Hölderlins „Tod des Empedokles“: „etwas ganz Ungewöhnliches, Schweres“.
Daneben aber auch Disneys „Pinocchio“: „Das Schlechte ist nie so schlecht, daß es nicht am Ende sichtbar zum Guten ausschlägt“.Der Film „Der fallende Stern“: Der Halleysche Komet als Signal. „Unter dem Himmel von Paris“: „Zauber“.

Das Tanzpaar Alexander von Swaine und Lisa Czobel: „Wandlungsfähigkeit und Echtheit in einem“.

Beteiligung an einem Schnelldenkerturnier in der [englischen] „Brücke“.

  

Im September Klassenfahrt nach Kalkar. Die sechs Schnitzaltäre in St.Nikolai. Die Wurzel Jesse am Taubermann-Altar. Besuch bei einem Bildhauer. Der Pfarrer in Wisselt, der die romanische Pfarrkirche pflegt und bewahrt. Er wird ein bewundernswerter Mann genannt. 

„Spießerhafte Genügsamkeit“ im Augenblick als Reaktion auf Überbeanspruchungen.

Bei einer Geburtstagsfeier die KWV wohl zum letzten  Mal vollzählig beisammen.

Noch einmal Klassenfahrt: diesmal nach Bonn: Bundeshaus mit Parlamentssitzung, Sternwarte mit gutem Vortrag: „Klarheit, Sicherheit“ „Sauberkeit in der Darstellung“, „die den mit uns versammelten Schulmeistern fast durchweg abgehen“. Bei den Volksvertretern fehle es „an Geschlossenheit und auch an einer gewissen Disziplin“. 

Die Tage bis zum Abitur werden gezählt.

W.H.liest in unserem Kreis aus dem „Hasenroman“ von Francis Jammes, der beeindruckt, „aber ob wir noch zu ihm reichen können ?“

  

Ausschnitte aus Reden vom CDU-Parteitag: „Die Spätblüte des inneren Spießertums feiert sich selbst“. 

Ende Oktober Parlamentswahlen in England. „Der grand old man Churchill scheint es noch einmal geschafft zu haben“. 

Den SPD-Vorsitzenden Dr.Schumacher auf einer Kundgebung gehört: „Demagogie höchsten Grades“. „Der Mann macht nicht nur die Masse betrunken, sondern manchen Vernünftigen dazu.“ Wann unsere Politik einmal „von kundigen Händen geführt werde ?“  „Wir bleiben wohl immer ausgemachte politische Esel“.

  

Öffentliches Auftreten der Freundin mit  Etüden von Toch:„richtiger Erfolg“. 

Zum ersten Mal eine Schreibmachine.

Zusammen nach Düsseldorf zum Martinszug. „Die ‚Radschläger’ auf ihren Schnorrgängen durch die Geschäfte“.

Wieder Konzerte, u.a mit der Kammermusikvereinigung der Berliner Philharmoniker, die Schubert spielt: „Konzentration aus Freude“. 

Eine „Tasso“-Aufführung, inszeniert von Fred Schroer mit einer Tendenz zur Komödie. Die Schauspieler seien guter Durchschnitt gewesen.

Saint-Exupérys Märchen vom kleinen Prinzen. „Die Dinge gewinnen wieder Wirklichkeit und Wesen für uns“.

Mit Léon Bloys „Femme pauvre“ beschäftigt: „Erregung, Befremden, Zustimmung, Ablehnung“. Eines der wenigen modernen Bücher, die man nicht unbeteiligt lesen könne. Darum werde es totgeschwiegen.Ich sehe mich allerdings als viel zu protestantisch, um die Konsequenzen des ‚katholischen’Buches zu akzeptieren.

Der Mangel eines Mentors wird empfunden.

Gespräch mit dem Herausgeber des „Jungen Worts“ in Düsseldorf.

  

Tiefer Eindruck durch Hindemiths „Mathis der Maler“. Die Chöre seien das Meisterhafteste, so im 3. Bild der Kontrast von Katholiken und Protestanten, Höhepunkt aber doch das 6.Bild mit der Versuchung des Antonius. Das letzte Bild mit dem Abschied des Mathis: „Resignation aus Notwendigkeit“. Die Aufführung wird für unsere Verhältnisse überragend genannt.. Dennoch wird der „Mathis“ als Musikdrama nicht als die Lösung des „Problems ‚Oper’“gesehen, die sei bis jetzt nur der Barockzeit gelungen. 

Zu Weihnachten u.a. „Dr. Kästners lyrische Hausapotheke“. Er habe mit vielem recht, aber wir suchten allmählich einen, der nicht nur recht habe.

Am Sylvesterabend die KWV bei A.N.  Eine neue KWV-Verfassung wurde angenommen, ein Kulturweser durch ein Klavier gewählt. Um 12 Uhr habe es geknallt wie bei einem größeren Gefecht.  Von den Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit,Tapferkeit, Maß „nach der Reihenfolge größer werdende Zipfelchen“ erwünscht, dazu Hoffnung.

  

  (nach oben)

  

Nummer 9 (November/ Dezember 2004): s. Archiv

  

INHALT: VON DER SPRACHE: Karl Kraus: Medienkritik von der Sprache her – Walter Benjamins Sprachspekulation – Zum Sprachdenken Jürgen Trabant, Mithridates im Paradies. Kleine Geschichte des Sprachdenkens. VON DER DEUTSCHEN GEGENWART: Wahlkommentare – Eine Verteidigerin des liberalen Rechtsstaates – Bildungsreformdiskussion – Fahrten in den Osten – Zum Ende der Zivilisation. VOM JOURNALISMUS: Von gelehrten Sachen – Auf nach Tegel – Schlössernacht, Fernsehnacht – Herr Poschmann. VOM (EINSTIGEN) LEBEN: 1950.

  

Die Nummern 1 -9 s. Archiv

  

s. Register der Nummern 1 – 10 von „Zur Lage der Nation“,hrsg. von Helmut Arntzen.